Gift für Lohnschutz und Sozialpartnerschaft

  • Flankierende Massnahmen und Personenfreizügigkeit
Artikel
Verfasst durch Daniel Lampart

Gastbeitrag von Daniel Lampart in der NZZ

Die Angriffe auf die Flankierenden haben es vielen Leuten wieder bewusst gemacht, wie wichtig der Schweizer Lohnschutz ist. Auch in der EU: Der Schweizerische Gewerkschaftsbund wurde in den letzten Monaten von den europäischen Gewerkschaften aufgefordert, bei den Flankierenden hart zu bleiben. Damit der Lohnschutz in Europa besser wird.

Die Gegner der Flankierenden kommen zum grossen Teil aus dem Inland. So der Wirtschaftsflügel der SVP mit Nationalrätin Martullo-Blocher, der Think-Tank der Grosskonzerne, Avenir Suisse, aber auch die NZZ oder die Entourage von FDP-Bundesräten. Im Ausland ist insbesondere die EU-Kommission dagegen. Die deutschen Handwerker sind gespalten. Viele haben sich mit unseren Flankierenden arrangiert. Sie wollen selber mehr Lohnschutz, um Dumpingkonkurrenz abzuwehren.

Die flankierenden Massnahmen wurden bei den Bilateralen I eingeführt – nach der verlorenen Abstimmung zum EWR. Die Bilateralen haben in einer Volksabstimmung nur eine Chance, wenn sie der Bevölkerung nützen. Und wenn garantiert ist, dass in der Schweiz Schweizer Löhne bezahlt werden. Auch das Personenfreizügigkeitsabkommen verlangt in Art. 1d die «Einräumung der gleichen Lebens-, Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen wie für Inländer».

Unser Land hat europaweit höchste Löhne und braucht deshalb den besten Schutz. In der Schweiz verdienen ausgebildete Handwerker im Mittel 5850 Franken. In Deutschland sind es 3200, in Polen sogar nur rund 850 Franken. Ohne Lohnschutz droht selbst unseren gelernten Fachkräften der Gang zur Sozialhilfe.

Dank den Flankierenden konnte in den gut geschützten Branchen ein Absinken der Löhne verhindert werden. Dank den guten Gesamtarbeitsverträgen stiegen in der Schweiz die tiefen und mittleren Löhne. Im Unterschied beispielsweise zum Vereinigten Königreich.

Der Marktzugang für Firmen aus der EU funktioniert trotz Lohnschutz bestens. Gemessen an der Wohnbevölkerung sind in keinem anderen europäischen Land so viele ausländische Firmen tätig wie in der Schweiz. Sie machen hierzulande einen Umsatz von rund 2,5 Milliarden Franken pro Jahr.

Mit der Veröffentlichung des Rahmenabkommens zeigt sich, dass all das auf dem Spiel steht. Die Schweiz muss das schwache EU-Recht beim Lohnschutz übernehmen. Neu reden auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) und die EU-Kommission, die den Lohnschutz in verschiedenen EU-Ländern angegriffen haben, bei unseren Flankierenden mit.

Sie werden Druck machen, dass wir viel weniger ausländische Firmen kontrollieren. Schlimmer noch: Sie können die Schweizer Sozialpartnerschaft und die Gesamtarbeitsverträge im Kern angreifen. Diese ist einzigartig in Europa. Die EU-Behörden wollen nicht, dass die Löhne von paritätischen Kommissionen aus Arbeitgebern und Gewerkschaften durchgesetzt werden. Insbesondere was die Bussen betrifft. Das stellt das System der Gesamtarbeitsverträge insgesamt in Frage. Betroffen sind eine Million Arbeitnehmer im Gastgewerbe, in der Reinigungs- und Sicherheitsbranche, im Bau, im Personalverleih u.a.

Zusätzlich streicht das Rahmenabkommen die Instrumente der 8-Tage-Voranmeldung und der Kaution sowie die Scheinselbstständigkeitsprüfung zusammen. Ohne diese Instrumente können die Schweizer Löhne gegen unseriöse und kurzlebige Firmen aus dem Ausland nicht mehr durchgesetzt werden. Das Schweizer Gewerbe droht von Dumpingfirmen überrollt zu werden. Weiter könnte die Schweiz unter dem vorliegenden Rahmenabkommen fast keine neuen Lohnschutzmassnahmen mehr einführen. Die Schweiz würde Kontrolle über Löhne verlieren.

In der Schweiz müssen Schweizer Löhne bezahlt werden. Dieses Versprechen muss auch in Zukunft gelten. Mit dem vorliegenden Rahmenabkommen ist das nicht gewährleistet. Die Gewerkschaften lehnen es ab und werden es wenn nötig mit dem Referendum bekämpfen.

Zuständig beim SGB

Daniel Lampart

Sekretariatsleiter und Chefökonom

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