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Dossier 159: Kantonsbudgets 2024 – keine Entlastung für die Bevölkerung

  • Finanzen und Steuerpolitik
Dossier

Die jährliche SGB-Analyse zu den Kantonsfinanzen zeigt auf, dass die Kantone finanziell weiterhin gut dastehen. Trotzdem können die Privathaushalte nicht mit einer Entlastung rechnen. Dies gilt insbesondere für die Prämienverbilligungen, wo die Kantone trotz starken Prämienanstiegs extrem knausern.

Für das kommende Jahr budgetieren zwar 17 von 26 Kantonen ein Defizit in ihrer Erfolgsrechnung, doch haben die vergangenen Jahre ausnahmslos gezeigt, dass sich dieses spätestens mit dem Rechnungsabschluss in ein komfortables Plus verwandeln wird. Die Kantone budgetieren chronisch zu pessimistisch, wobei sie sich mit den neusten Rechnungsabschlüssen sogar noch stärker verrechnet haben als zuvor. Dies ist deshalb sehr problematisch, weil die jeweils "überraschenderweise" erwirtschafteten Überschüsse für sinnvolle und nötige Ausgaben wie etwa in der Bildung oder in der Gesundheit und Langzeitpflege jeweils nicht zur Verfügung stehen, sondern fast immer in den nutzlosen Vermögensaufbau fliessen ("Schuldenbremse"). Um die hohen Summen, um die es hier geht, zu veranschaulichen: Die Kantone hätten sowohl letztes Jahr als auch im Vorjahr alleine mit den Rechnungsüberschüssen ihre Ausgaben für Prämienverbilligungen bei Weitem mehr als verdoppeln können! Hätten sie dies getan, wäre der unter der anhaltenden Kaufkraftkrise leidenden Bevölkerung wirklich einen Dienst erwiesen worden.

Die Prämienverbilligungen halten nicht Schritt

Doch so weit kam es nicht, und es droht noch Schlimmeres. Denn wie die SGB-Analyse auch zeigt, budgetieren die Kantone im Durchschnitt für das nächste Jahr einen Anstieg ihrer Ausgaben für Prämienverbilligungen von lediglich 2.8 Prozent. Damit bleiben sie weit hinter dem erwarteten Prämiensprung von 8.7 Prozent zurück (das Bevölkerungswachstum noch nicht eingerechnet). Was dies für Haushalte mit mittleren und tiefen Einkommen bedeutet, ist klar: Sie werden zusätzlich einen überproportionalen Anteil der gestiegenen Gesundheitskosten selbst tragen müssen. Und dies, obwohl sie diese Kosten oftmals keineswegs mit verursachen, im Gegenteil: Gemäss neusten Zahlen des Obsan verzichtet fast jede zweite Person in schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen aus Kostengründen auf gesundheitliche Behandlungen.

Alte Rezepte: Steuersenkungen und Sparpakete

Anstatt also die Prämienverbilligungen zu erhöhen, planen nicht wenige Kantone die Umsetzung von Steuersenkungen im nächsten Jahr: In den Kantonen Bern, Basel-Stadt, Waadt, Wallis, Zug und Zürich sollen teilweise Unternehmen, überall aber wohlhabende Haushalte bei den Einkommens- und/oder Vermögenssteuern entlastet werden. Das ist ganz einfach volkswirtschaftlich völlig falsch und gesellschaftlich höchst unsozial. Falls dann aufgrund der Steuersenkungen irgendwann doch das Geld wieder fehlt, kommt für die Leute mit Sparpaketen der nächste Hammer. So geschieht dies aktuell in den Kantonen Jura und Tessin, wo die Bevölkerung brachiale Sparpakete verkraften muss. Für die nächsten Jahre ebenfalls Ausgabenkürzungen angekündigt haben die Kantone Glarus, Schwyz (!) und Thurgau.

Auch die Investitionen nehmen ab

Langfristig von grosser Bedeutung ist auch die Investitionspolitik der Kantone: Im nächsten Jahr sollen die budgetierten Nettoinvestitionen im Vergleich zum Vorjahr um 1.7 Prozent beziehungsweise 108 Millionen abnehmen, wobei der Rückgang in den Kantonen St. Gallen, Luzern und Wallis besonders stark ausfällt. Diese Entwicklung ist besorgniserregend, denn einerseits ist der Investitionsbedarf sehr gross und andererseits sind die Voraussetzungen für die Finanzierung – viel Nettovermögen, tiefe Zinsen –  immer noch sehr günstig. Was heute eine Entlastung der Investitionsrechnung ist, dass sind morgen fehlende Schulhäuser, Pflegeheimplätze oder Bushaltestellen. So einfach ist das.

Fazit: In einem etwas schwierigeren wirtschaftlichen Umfeld sind die Kantone finanziell weiterhin äusserst komfortabel aufgestellt. Diese Ausgangslage müssen sie nutzen für eine Ausgaben- und Investitionspolitik im Sinne der Bevölkerung. Denn diese hat bei den Ausgaben ebenfalls keine Wahl: Seien es die Prämien, die Lebensmittel, die Strom- und ÖV-Preise - alles kostet im nächsten Jahr mehr.

Zuständig beim SGB

Reto Wyss

Zentralsekretär

031 377 01 11

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Reto Wyss
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