Die CVP-Initiative "Heiratsstrafe abschaffen" gibt vor, für verheiratete Paare die Steuern zu senken. Sie definiert die Ehe jedoch sehr altertümlich und diskriminiert Lesben und Schwule. Eine Öffnung der Ehe für alle würde versperrt. Und der Einnahmeverlust für den Bund wäre beträchtlich. Deshalb lehnt der SGB das Begehren klar ab.
Die Initiative "Heiratsstrafe abschaffen" will die angebliche Benachteiligung verheirateter Paare gegenüber Konkubinatspaaren bei der direkten Bundesteuer abschaffen. Dabei definiert sie in der Verfassung die Ehe als die "auf Dauer angelegte und gesetzlich geregelte Lebensgemeinschaft von Mann und Frau". Für homosexuelle Paare würde damit der Anspruch auf gleiches Recht bei der Ehe in weite Ferne verschwinden. "Damit dreht die Initiative das Rad zurück und torpediert die entsprechenden parlamentarischen Bemühungen", kommentiert Max Krieg, Präsident der Kommission LGBT (Lesben, Gay, Bisexuelle und Transmenschen) des SGB. Krieg weiter: "Eine repräsentative Umfrage vom November 2015 hat gezeigt, dass 70% der hiesigen Bevölkerung eine solche Öffnung der Ehe befürworten." In der Tat: Die Formen von Ehe und Familie sind heute viel offener als die Definition der CVP-Initiative.
Auch das Ehe- und Familienrecht entwickelt sich auf der ganzen Welt in Richtung Öffnung. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte etwa hat befunden, dass auch homosexuelle Paare ein Recht auf Familie haben. Und der oberste Gerichtshof in den USA hat kürzlich entschieden, dass die einzelnen Staaten Ehen von Personen gleichen Geschlechts nicht mehr verbieten dürfen.
Einheit der Materie nicht gegeben
Ein anderes Problem der Initiative: Sie verletzt die sogenannte Einheit der Materie, indem sie zwei Themen mischt. Sie verunmöglicht es dem Volk, über zwei separate Fragen auch separat zu entscheiden: über das Steuerwesen einerseits und die Öffnung der Ehe auf gleichgeschlechtliche Paare andererseits. Diese Koppelung, die nur ein doppeltes Ja oder ein doppeltes Nein zulässt, ist unsauber, geradezu manipulativ. Sie lässt keine differenzierte Stimmabgabe zu.
Steuergeschenk nur für gut Verdienende
Die Rechte behauptet, die "Heiratsstrafe" in ihrer fiskalischen Form sei ausgeprägt. Das ist masslos übertrieben. Max Krieg führt aus, warum: "Nur gerade 80 000 verheiratete Paare aus den bestsituierten Kreisen würden von Massnahmen profitieren, die man durchaus als Steuergeschenk für Reiche bezeichnen könnte." Aufgrund eines Entscheides des Bundesgerichtes hat nämlich die Mehrheit der Kantone die Benachteiligung Verheirateter aus dem Steuerwesen getilgt und dazu das Splitting eingeführt. Beim Bund würde die Initiative jedoch weitere Steuerausfälle in der Grössenordnung von ca. 1,3 bis 2,3 Milliarden Franken verursachen. Das ist happig und ungerecht, wie auch Max Krieg findet. "Dann wird wieder bei der Bildung, beim Sozialen, bei den öffentlichen Diensten gespart. In Zeiten, in denen sich beim Bund ein Sparpaket an das andere reiht, noch dessen Einnahmen abzuwürgen, ist desaströs."
Quer zur Zeit
Hebt man seinen Blick auch nur ein wenig über die nationalen Grenzen, stellt man rasch fest, wie rückständig die Initiative ist. Zahlreiche Länder, etwa Frankreich, Portugal, Spanien, Irland oder die skandinavischen Staaten, haben die Ehe unabhängig der sexuellen Orientierung für alle ermöglicht. Max Krieg: "Die Schweiz wäre in Westeuropa das einzige Land, das ein Eheverbot für gleichgeschlechtliche Paare verankerte."