"Heiratsstrafe": Vier Argumente für ein Nein

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Verfasst durch Anne Rubin

Die CVP-Volksinitiative ist ein Bumerang

Im November 2012 hat die CVP ihre Volksinitiative "Für Ehe und Familie - gegen die Heiratsstrafe" eingereicht. Sie will die ungleiche Behandlung von verheirateten und Konkubinatspaaren beseitigen, insbesondere bei Steuern und Sozialversicherungen, und da vor allem bei der AHV. Der SGB empfiehlt ein Nein.

1. Überholte und diskriminierende Sicht der Ehe

Die Initiative will eine viel zu enge und überholte Konzeption der Ehe ("Die Ehe ist die auf Dauer angelegte und gesetzlich geregelte Lebensgemeinschaft von Mann und Frau") in der Bundesverfassung verankern. Diese Konzeption schliesst gleichgeschlechtliche Paare aus und diskriminiert damit Menschen anderer sexueller Orientierung. Sie behindert somit eine Öffnung der Sozial- und Familienpolitik.

2. Steuergeschenk für eine Minderheit, die eher gut dran ist

Nach einem Bundesgerichtsurteil, das die Ungleichbehandlung der Ehepaare rügt, haben Bund und Kantone ihre Besteuerungssysteme angepasst. Auf kantonaler Ebene sind Ehepaare nunmehr bevorteilt. Nur 80 000 Ehepaare mit eher hohen Einkommen und Rentnerehepaare mit Einkommen über 50 000 Franken zahlen bei der Bundessteuer weiterhin mehr als Konkubinatspaare. Trotzdem würde die Initiative Steuerausfälle von jährlich 1,9 Milliarden Franken beim Bund und 390 Millionen Franken bei den Kantonen und Gemeinden verursachen. Ausfälle, die angesichts der angespannten Finanzlage gegenfinanziert werden müssten.

3. Kein Bumerang: schlussendlich müssten Ehepaare mehr zahlen

In den Sozialversicherungen werden die Ehepaare nicht benachteiligt, sondern insgesamt bevorzugt. Die Plafonierung der AHV-Renten auf 150 % für Ehepaare bestraft diese zwar auf den ersten Blick. Durch exklusive Leistungen (Witwenleistungen, Ehegattensplitting, Beitragsbefreiung für nichterwerbstätige Ehepartner, etc.) werden Ehepaare jedoch insgesamt privilegiert. Eine vollständige Beseitigung des 150%-Plafonds in der AHV hätte jährliche Kostenfolgen von 2 Mrd. Franken. Die heutigen Leistungen zu Gunsten der Verheirateten betragen jedoch jährlich 2,8 Mrd. Unter dem Strich würden also die Verheirateten schlechter fahren als heute.

4. Unser Vorschlag: Rentnerehepaare durch Rentenerhöhungen besserstellen

Richtig ist jedoch, dass bei der AHV wegen des Plafonds von 150% der Ehepaarrente gegenüber zwei einfachen Renten der steigenden Erwerbsbeteiligung der Frauen zu wenig Rechnung getragen wird. Eine Anpassung an die neuen Rollenmodelle ist nötig. Daher braucht es eine Anhebung des Plafonds, so wie sie der Ständerat im Rahmen der Altersvorsorge 2020 beschlossen hat. Die beste Lösung, um die finanzielle Lage aller Rentnerehepaare zu verbessern, ist die Volksinitiative AHVplus. Sie würde den meisten Ehepaaren eine Erhöhung der AHV von 4200 Franken pro Jahr sichern.

Zuständig beim SGB

Daniel Lampart

Sekretariatsleiter und Chefökonom

031 377 01 16

daniel.lampart(at)sgb.ch
Daniel Lampart
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