Die Schikanen der Kassen müssen ein Ende haben

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Für die Stärkung der sozialen Grundversicherung

Die Macht der Kassen kommt die Versicherten teuer zu stehen: So hat vor einigen Wochen die Chefin der grössten Schweizer Krankenkasse CSS, Philomena Colatrella, eine Franchise von 10.000 Franken für alle vorgeschlagen. Sie nannte das ein "Denken in neuen Mustern". Das sei angesichts der "Kostenexplosion" im Gesundheitswesen dringend nötig.

Zur Einordnung dieses "Denkanstosses": In der sozialen Grundversicherung werden heute pro Kopf etwa 3400 Franken ausgegeben. 10 000 Franken Franchise kämen daher in etwa einer dreifachen Abschaffung der Grundversicherung gleich. Die Strategie dahinter: Irgendetwas von diesem absurden Vorschlag wird nach der öffentlichen Empörung wohl schon hängen bleiben und so z. B. den im Parlament hängigen Vorschlägen zur weiteren Erhöhung der Kostenbeteiligung der Versicherten zum Durchbruch verhelfen. Doch die Krankenkassen machen nicht nur politisch mit marktradikalen Vorschlägen von sich reden, sie sorgen auch in ihrem Kerngeschäft stetig für Unbehagen. Hier die jüngsten Negativbeispiele:

  • Die Krankenkasse Sympany versucht, teure Versicherte mit einem Zahlungstrick rauszuekeln: Sie überweist Rückerstattungen per Postcheques. Dabei fallen für jede einzelne Zahlung 20 Franken Gebühren an, welche vollumfänglich den Versicherten belastet werden.
  • Die Swica und andere Kassen setzen ungefragt und ohne Warnhinweis "Web-Tracker" ein. Dank dieser können sie beispielsweise mit Facebook-Daten "zielgerichtet Kunden ansprechen".
  • Die Helsana und andere bieten Apps an, mit denen z. B. durch sportliche Aktivität spielerisch Prämienrabatte gesammelt werden können. Bezahlt wird dabei mit Daten, weswegen der Eidgenössischen Datenschutzbeauftrage die Helsana bereits zurückgepfiffen hat. Diese zeigt sich unbeeindruckt, wirbt weiterhin für ihre App – und verstösst damit weiterhin gegen das Prinzip der Prämiengleichheit in der Grundversicherung.
  • Trauriger Gipfel der Kassenwillkür: Die ÖKK verweigert einem zahlungsunfähigen Versicherten die notwendigen HIV-Medikamente. Er stirbt schliesslich an Aids.

Die CSS-Chefin hat Recht: Es muss tatsächlich in neuen Mustern gedacht werden: Wir müssen nämlich die Kassen endlich an die kurze Leine nehmen. Die soziale Krankenversicherung garantiert per Gesetz einen diskriminierungsfreien Zugang zur medizinischen Grundversorgung. Die administrative Abwicklung dieser Versicherung besteht darin, Rechnungen entgegenzunehmen, zu prüfen und gemäss Gesetz zu bezahlen. Das ist die Aufgabe der Krankenkassen, nicht mehr und nicht weniger.

Momentan befinden sich zwei Volksinitiativen im Sammelstadium, welche sich genau daran orientieren. Die Initiative "Für fairere Prämien" will den Kantonen erlauben, selbst die Prämien festzulegen und die Kosten zu finanzieren. Die administrative Abwicklung würde bei den Krankenversicherungen bestellt und entsprechend kontrolliert. Die Initiative "Für ein von den Krankenkassen unabhängiges Parlament" verlangt die Unvereinbarkeit von Kassen- und Bundesparlamentsmandaten. Diese Initiativen sind mehr als eine Überlegung wert. Doch so oder so: Um eine qualitativ hochstehende und für alle bezahlbare Gesundheitsversorgung mit guten Arbeitsbedingungen zu gewährleisten bleibt noch viel zu tun.

Zuständig beim SGB

Reto Wyss

Zentralsekretär

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Reto Wyss
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