Der Skandal, der keiner ist: Zur "Umverteilung von Aktiven zu RentnerInnen" in der 2. Säule

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Blog Daniel Lampart

Wer die Leistungen in der 2. Säule kürzen will, argumentiert oft damit, dass «eine Umverteilung von den Erwerbstätigen zu den RentnerInnen» stattfinden würde. Bundesrat Berset, NZZ und andere bezeichneten das schon als «Skandal». Deshalb müsse der Umwandlungssatz, mit dem die Rente aus dem Vorsorgekapital berechnet wird, gesenkt werden. Doch der «Skandal» löst sich bei genauer Betrachtung weitgehend auf.

Es wird immer wieder behauptet, dass in der 2. Säule jeder und jede individuell für sich spare und dass Umverteilung hier keinen Platz hätte. Das kann man auch in der aktuelle Ratsdebatte zur BVG-Revision nachlesen. Doch das ist falsch. Auch in der 2. Säule wimmelt es von Umverteilungen. Von Versicherten, die früher sterben zu den Langlebigen; von Gesunden zu IV-Bezügern. Es gibt Beiträge an Firmen mit «ungünstiger Altersstruktur» usw.

Diese Umverteilungen machen die 2. Säule erst richtig stark und leistungsfähig. Wenn alle für sich selber sorgen müssen, müssen sie sich auch individuell gegen alle Risiken absichern. Das ist teuer. Wenn sich hingegen viele kollektiv absichern, so hilft das statistische «Gesetz der grossen Zahlen». Die Lebenserwartung im Kollektiv tendiert zum Durchschnitt – auch wenn einzelne sehr alt werden. Das Kollektiv kann sich selber absichern.

Das wiederum erlaubt es, das Alterskapital längerfristig anzulegen, was mehr Rendite abwirft. Wenn man das Kapital zusammen anlegt, kann man die Renten aus den Anlageerträgen und den Beiträgen der Aktiven finanzieren. Wenn jeder und jede für sich investieren muss, wird Geld hingegen zu bestimmten Zeitpunkten gebraucht und die Anlagen müssen dann verkauft werden. Die Mehrrendite aus diesen kollektiven Anlagen gegenüber liquiden, risikoarmen Investitionen beträgt ungefähr 1 bis 1.5 Prozent. Das entspricht rund 10 bis 15 Mrd. Fr. pro Jahr.

Die Pensionskassen haben in den letzten Jahren enorme Buchgewinne erwirtschaftet, weil die Kurse der Obligationen und der Aktien gestiegen sind. Es wurden Rückstellungen in der Höhe von rund 70 Mrd. Fr. gebildet. Diese «gehören» dem Kollektiv und nicht den einzelnen Versicherten. Also weder den RentnerInnen noch den Aktiven. Diese Beträge übersteigen die von gewissen Akteuren kritisierte jährliche Umverteilung von rund 5 Mrd. Fr. um ein Vielfaches. Das dürfte die Diskussion stark relativieren.

Zu guter Letzt: Die so genannte Umverteilung zwischen RentnerInnen und Aktiven ist immer eine Momentaufnahme. Wenn beispielsweise die Zinsen und die Inflation steigen, ist alles anders. Je nachdem sind dann die heutigen NeurentnerInnen die Leidtragenden und die jungen Aktiven fahren besser. Das zeigt beispielsweise der Ecoplan-Bericht zur BVG-Revision anschaulich.

Zuständig beim SGB

Gabriela Medici

stv. Sekretariatsleiterin

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Gabriela Medici
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