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Öffentliche Hand muss Betreuungskrise verhindern

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Verfasst durch Regula Bühlmann

Kitas sind systemrelevant und müssen unbeschadet durch die Coronakrise kommen. Doch während der Bundesrat im März per Notrecht die Aufrechterhaltung des Betreuungsangebots verfügt hat, schweigt er zur Finanzierung des Betriebs. Kantone, Gemeinden und Betreuungsinstitutionen ringen um Lösungen, während Eltern weiterhin Betreuungsplätze zahlen, die sie nicht mehr in Anspruch nehmen sollen oder dürfen.

Schwierige Situation

Die Situation für Kitas und Eltern ist momentan sehr schwierig: Eltern werden gebeten, auf das Betreuungsangebot zu verzichten und ihre Kinder zu Hause zu behalten, wenn ihnen der Zugang aufgrund ihres (nicht systemrelevanten) Berufs nicht ganz verwehrt ist. Vielerorts müssen sie jedoch ihren Platz weiterhin zahlen, es sei denn, der Vertrag mit der Kita, die Gemeinde oder der Kanton kennen eine andere Regelung.

Die Kitas sind verpflichtet, den Betrieb in Kleingruppen aufrechtzuerhalten. Dies ist ein defizitäres Geschäft: Gemäss kantonaler Berechnungen betragen die Mindereinnahmen monatlich schnell einmal Zehntausende von Franken. Kann dieses Minus nicht abgefedert werden, gefährdet es viele Kitas in ihrer Existenz. Kurzarbeit ist häufig nicht möglich – der Betrieb in Kleingruppen bedingt nicht weniger Personal – oder wird nicht bewilligt, da die Kitas ja geöffnet bleiben. Kredite werden kaum zurückbezahlt werden können, da die Kitas nicht gewinnorientiert arbeiten. Es ist somit absehbar, dass ohne Hilfe durch die öffentliche Hand nach der Coronakrise Tausende von Kitaplätzen fehlen werden, insbesondere, wenn die Grosseltern aufgrund der Risikosituation weiterhin ausfallen.. Nach der Coronakrise droht eine Betreuungskrise.

Hoffnung in Bundesrat wurde enttäuscht

Gross war deshalb die Hoffnung, dass der Bundesrat am 3. April ein Rettungspaket für die Kitas präsentieren würde: Die Kantone warteten auf einen Bundesentscheid, wie der Betrieb in Kleingruppen finanziert werden sollte, die Betriebe hofften auf eine Entschärfung ihrer prekären finanziellen Lage. Doch es kam anders: Der Bundesrat schwieg an seiner Pressekonferenz vom 3. April zu den Möglichkeiten der Finanzierung des Kitabetriebs in Coronazeiten.

Damit führt er eine höchst widersprüchliche Situation fort: Einerseits hat er im März mit seinem Entscheid, dass die Kinderbetreuung aufrecht erhalten werden muss, anerkannt, dass diese systemrelevant ist, und hat per Notrecht verordnet, was eigentlich in kantonaler Kompetenz liegt. Andererseits weigert er sich, ebenfalls per Notrecht die Organisation und Finanzierung des Betriebs unter erschwerten Bedingungen zu regeln, und schiebt die Lösungssuche den Kantonen, Gemeinden und Betreuungseinrichtungen zu.

Heterogene Regelungen in den Kantonen

Vorgesorgt haben etliche Kantone in der Romandie schon vor Corona: Kitas profitieren vielerorts von einer Defizitgarantie, wenn sie einem entsprechenden Netzwerk angeschlossen sind. Dies zahlt sich auch in der jetzigen Situation aus. Die Kantone und Gemeinden in der Deutschschweiz reagieren sehr unterschiedlich auf das bundesrätliche Schweigen: Während Basel-Stadt und die Stadt Zürich in Erwartung der Bundesratsverordnung schon vor dem 3. April beschlossen haben, die Kitas finanziell zu unterstützen und die Eltern zu entlasten, ringen andere Kantone jetzt um eigene Lösungen: Solothurn holt aus Bettagsfranken und zugeflossenen Erbschaften 500'000 Franken und bittet die Gemeinden um Solidaritätsbeiträge, Zug hat einen Notkredit von 2.8 Mio. Franken gesprochen, Baselland zahlt 80% der Ausfälle und St. Gallen gewährt zinslose Darlehen, die nur bedingt zurückbezahlt werden müssen. Andere Kantone warten immer noch auf ein Zeichen aus Bundesbern, während viele sich nicht öffentlich zur Finanzierungsfrage äussern.

Öffentliche Hand muss Defizite übernehmen

Doch Zuwarten geht nicht mehr: Der Bund, die Kantone und die Gemeinden müssen sich nun dringend zusammenraufen, um Kita- und weitere Betreuungsplätze zu retten und die Betreuungskrise abzuwenden. Weder die Eltern, die aufgrund kantonaler Regelungen oder Empfehlung auf Leistungen verzichten, noch die Kitas sollen die aufgrund des Kleingruppenbetriebs entstehenden Defizite tragen müssen, die öffentliche Hand muss Verantwortung übernehmen. Diese soll auch die Mehrkosten von Eltern in Berufen übernehmen, die wegen Corona auf zusätzliche Betreuungstage angewiesen sind, beispielsweise im Gesundheitsbereich. Die Schweiz braucht die Kitas – in Coronazeiten und danach. Entsprechend muss sie diese jetzt unterstützen.

Zuständig beim SGB

Julia Maisenbacher

Zentralsekretärin

031 377 01 12

julia.maisenbacher(at)sgb.ch
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