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Kinderbetreuung ist auch in Corona-Zeiten keine Privatsache!

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Verfasst durch Gabriela Medici

Durchzogene Zwischenbilanz – Elternurlaub ist nur ein Teil der Lösung

Etwa ein Viertel aller Arbeitnehmenden hat Kinder unter 15 Jahren. Sie sind seit fast einem Monat direkt betroffen von den Schul- und Kitaschliessungen. Aber auch davon, dass die Grosseltern keine Betreuungsaufgaben mehr übernehmen sollen. Letztere leisten üblicherweise einen enormen Beitrag an die Kinderbetreuung, das Bundesamt für Statistik rechnet mit insgesamt 160 Millionen Stunden pro Jahr.

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie während der Corona-Krise stellt Eltern vor grosse Herausforderungen. Nur ein kleiner Teil der erwerbstätigen Eltern kann die Kinderbetreuung tatsächlich auslagern. Je nach Alter und Selbstständigkeit der Kinder sind viele Familien seit vier Wochen ausserordentlich gefordert und es ist leider zu befürchten, dass die Last der weggefallenen Drittbetreuung vorwiegend von den Frauen getragen wird.

Die Lohnfortzahlungspflicht der Arbeitgeber in der Betreuungsthematik ist juristisch umstritten und erste Beispiele zeigten, dass Arbeitgeber sehr unterschiedlich auf die Situation reagieren. Der SGB hat sich deshalb bereits früh für eine bundesrechtliche Sicherung der Löhne bei Betreuungsabwesenheiten eingesetzt. Am 20. März – also eine Woche nach der Schliessung der Schulen – ist der Bundesrat dem SGB gefolgt und hat einen Corona-Elternurlaub beschlossen.

Corona-Elternurlaub: ein Teil der Lösung

Der Corona-Elternurlaub schützt alle erwerbstätigen Eltern mit Kindern unter 12 Jahren vor Lohneinbussen wenn sie ihre Arbeit nicht oder nicht wie üblich erledigen können, weil die Fremdbetreuung ihrer Kinder nicht mehr gewährleistet ist. Der Corona-Elternurlaub ist in Anlehnung an die Erwerbsersatzordnung geregelt und wird monatlich als Taggeld ausbezahlt. Das Taggeld kann für nach vier Tagen Betreuungsabwesenheit geltend gemacht werden, frühestens ab dem Donnerstag, 16. März 2020. Der Anspruch dauert bis zum Zeitpunkt, in dem die Eltern wieder (voll) arbeiten können weil die behördlichen Massnahmen aufgehoben wurden oder eine andere Betreuungslösung gefunden werden konnte. Weitere Details finden sich auch im SGB-Merkblatt (s.u.).

Der Bundesrat hat vorgesehen, dass der Corona-Elternurlaub bei den AHV-Ausgleichskassen von jedem Elternteil separat angemeldet werden muss. Dazu braucht man eine Auflistung der ausgefallenen Betreuungstage, eine Bescheinigung des Lohnausfalls durch den Arbeitgeber, die Lohnabrechnungen der letzten drei Monate vor dem Unterbruch der Fremdbetreuung und im vorschulischen Bereich einen Nachweis über den Ausfall der Kinderbetreuung. Bezahlt der Arbeitgeber den Lohn während dieser Zeit weiter, kann auch er den Anspruch bei der Kasse direkt geltend machen. Gleich wie dies häufig auch bei der Auszahlung des Mutterschaftsurlaubs geschieht.

Dank Corona-Elternurlaub erhalten erwerbstätige Eltern maximal 80 Prozent ihres bisherigen, monatlichen Bruttolohns bzw. höchstens 196 Franken pro Tag. Berufstätige Eltern können sich die Kinderbetreuung in Corona-Zeiten auch aufteilen. Die Aufteilung wird den Eltern selbst überlassen. Pro Arbeitstag wird für Eltern gemeinsamer Kinder aber nur eine Entschädigung ausbezahlt.

Die Entschädigung wird nicht automatisch ausgerichtet. Arbeitnehmende müssen den Corona-Elternurlaub bei der zuständigen AHV-Ausgleichskasse beantragen. Die Formulare sind auf der Homepage der Ausgleichskasse online. Bezahlt der Arbeitgeber den Lohn weiter, kann er den Antrag stellen. Personen, die mehrere Arbeitgeber haben, die nicht alle der gleichen AHV-Ausgleichskasse angeschlossen sind, müssen das Antragsformular nur bei einer der verschiedenen Ausgleichskassen einreichen. Der Antrag muss aber die Lohnabrechnungen aller Arbeitgeber enthalten. Personen, die gleichzeitig angestellt und selbstständigerwerbend sind, müssen den Antrag derjenigen Ausgleichskasse einreichen, bei der sie für die selbstständige Erwerbstätigkeit Beiträge bezahlen. Wenn beide Elternteile Anspruch auf die Entschädigung haben, ist nur eine AHV-Ausgleichskasse zuständig, und zwar jene der Person, die zuerst einen Anspruch geltend macht.

Rund ein Drittel der Berufstätigen arbeitet seit Mitte März voll im Homeoffice und weitere 20 Prozent teilweise, so eine Umfrage von Sotomo im Auftrag des SRF. Auch im Homeoffice können Eltern wegen der Kinderbetreuung häufig nur verringerte Arbeitsleistungen erbringen. Sofern dies zu einer Lohnkürzung führt, kann dafür Corona-Elternurlaub verlangt werden. Es ist auch deshalb sinnvoll, mit dem Arbeitgeber klar zu abzusprechen, wieviel Arbeit im Homeoffice tatsächlich geleistet werden kann.

Weitere wichtige Fragen und Antworten: SGB-Merkblatt Corona-Elternurlaub


Durchzogene Zwischenbilanz

Der Antrag auf Corona-Erwerbsersatz kann seit drei Wochen beantragt werden, erste Auszahlungen erfolgen nach Ostern. Es ist zurzeit technisch nicht möglich einzuschätzen wie viele Eltern, Anträge gestellt haben, um ihre Betreuungsabwesenheiten abzugelten. Eine erste Zwischenbilanz in den Verbänden des SGB zeigt, dass Arbeitgeber sehr unterschiedlich kommunizieren, wie erwerbstätige Eltern mit der parallelen Belastung von Kinderbetreuung und Arbeitsleistung umgehen sollen. Vor allem fällt aber auf, dass der Corona-Elternurlaub kaum kommuniziert wird und nur sehr wenige Eltern um diese Hilfestellung wissen. Fortschrittliche Arbeitgeber anerkennen die Betreuungszeiten der Eltern als Arbeitszeit. Viele fordern aber, dass Eltern Ferien beziehen, um ihren Betreuungsaufgaben nachzukommen. Wiederum andere sind dringend darauf angewiesen, dass ihr Personal zur Arbeit erscheint (insbesondere im Gesundheitswesen) und appellieren, dass Notbetreuungsangebote auf die Beine gestellt und wahrgenommen werden. Einige Arbeitgeber drohen Eltern offen, dass sie ihre Stelle verlieren sofern sie trotz Betreuungspflichten nicht zur Arbeit erscheinen – und es ist sogar schon zu Kündigungen gekommen.

Dies führt zur paradoxen Situation, dass Eltern sich stark belastet fühlen – ein Teil der Lösung aber bereits vorliegen würde. Wenig überraschend zeigt die repräsentative Sotomo-Umfrage von Anfang April denn auch, dass sich die Belastung durch Kinderbetreuung und Homeschooling in den letzten zwei Wochen verdoppelt hat. Diese Situation ist auch aus gleichstellungspolitischer Sicht höchst problematisch. Für den SGB ist klar, dass Kinderbetreuung auch in Corona-Zeiten keine Privatsache ist. Er hat sich deshalb für eine unkomplizierte Lösung des Corona-Elternurlaubs eingesetzt. Jetzt ist es an den Arbeitgebern, diese Lösung zu nutzen anstatt den Druck auf die erwerbstätigen Eltern weiter zu erhöhen.

 

 

Zuständig beim SGB

Gabriela Medici

stv. Sekretariatsleiterin

031 377 01 13

gabriela.medici(at)sgb.ch
Gabriela Medici

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