Überbewerteter Franken, höhere Mieten? Eine noch restriktivere Geldpolitik der Nationalbank wäre falsch

Blog Daniel Lampart

Am kommenden Donnerstag wird die Nationalbank mitteilen, ob sie die Zinsen erhöht und wie sie die Geldpolitik ausrichtet. Eine Analyse zeigt: Eine restriktivere Geldpolitik ist nicht nur unnötig, sondern sie hat sogar negative Effekte.

Seit dem letzten Entscheid hat sich der Franken nochmals aufgewertet. Gegenüber dem Euro liegt er ist der bei knapp 95 Rappen. Gegenüber dem Dollar wird der Franken seit einiger Zeit unter 90 Rappen gehandelt. Die SNB sagt, dass diese Entwicklung unbedenklich sei. Denn real hätte sich beim Frankenkurs nichts geändert. Die höhere Teuerung im Ausland hätte die nominale Aufwertung wieder korrigiert. Die Schweiz sei für die ausländischen Kunden nicht teurer geworden. Doch das trügt. Tatsächlich dürfte die Lage der Schweizer Exporteure schwieriger geworden sein. Denn die Berechnungen der SNB sind zu wenig realitätsnah.

Die SNB berechnet den realen Eurokurs, indem sie die nominale Frankenaufwertung um den Teuerungsunterschied bei den Konsumentenpreisen zwischen der Schweiz und dem Euroraum korrigiert. Mit dieser Berechnung will die SNB folgendes zeigen: Der Franken hat sich zwar aufgewertet und die Schweiz teurer gemacht. Doch weil die Konsumentenpreise im Ausland stärker gestiegen sind als in der Schweiz, hat sich am Schluss nichts geändert. Die Schweiz ist weder teurer noch billiger geworden.

Doch die Berechnung hat einen grossen Haken. Denn die Preise vieler Konsumgüter kann man international gar nicht vergleichen. Eine Wohnung in Berlin kann man beispielsweise nicht nach Zürich verschieben. Oder man kann den Strom in Berlin nicht aus der Zürcher Steckdose beziehen. Um den realen Wechselkurs zu berechnen, sollten nur handelbare Güter verglichen werden.

Analysen zeigen jedoch, dass die unterschiedlichen Teuerungsraten zwischen der Schweiz und dem Ausland vor allem durch Entwicklungen bei nicht-handelbaren Gütern bedingt sind. Der Teuerungs-Unterschied Schweiz-Deutschland war im letzten Jahr beispielsweise durch die Landwirtschaftsgüter (Agrarschutz), die Energiepreise (Strommarkt liberalisiert bzw. unterschiedliche Besteuerung von Diesel, Heizöl) bedingt.

Wenn man mit UnternehmerInnen in der Industrie spricht, sagen die oft, dass ein Franken-Euro-Kurs im Bereich von 1.20 Franken/Euro einigermassen korrekt wäre. Das wird durch die internationalen Preisvergleiche des BFS untermauert. Vergleicht man die Preise von (handelbaren) Maschinen wäre Preisparität bei ca. 1.20 Fr./Euro gewesen. Über alle Produktegruppen (inkl. Wohnungen, lokale Dienstleistungen usw.) hinweg wäre die Kaufkraftparität bei über 1.60 Fr./Euro. Darunter sind aber – wie erwähnt - viele nicht-handelbare Güter.

Im kommenden Jahr dürfte die Teuerung in der Schweiz um rund 2 Prozent liegen. Also ungefähr noch in dem Bereich, der von der SNB als preisstabil bezeichnet wird. Wenn die Zinsen nicht mehr steigen, kann sie womöglich sogar tiefer sein, da die Mieten nicht mehr erhöht werden. Das hängt davon ab, wie sich die SNB-Zinsen auf die Hypothekarzinsen auswirken.

Wenn die Nationalbank nächste Woche die Zinsen erhöht, wird es also wahrscheinlicher, dass die 2 Prozent erreicht werden. Dazu kommt, dass mehr als die Hälfte der Teuerung im nächsten Jahr politisch bedingt ist: Die Mehrwertsteuer steigt um 0.4 Prozent. Die regulierten Strompreise um 12 Prozent und die ÖV-Preise um über 3 Prozent. Die Teuerungsbekämpfung wäre somit viel einfacher und effizienter, wenn man hier ansetzen würde. Eine Zinserhöhung und eine Aufwertung des Frankens hingegen stört die ganze Wirtschaft, indem sie das Wirtschaftsleben für alle teurer machen. Und sie wirkt sehr langsam. Es braucht beispielsweise eine sehr starke Aufwertung des bereits überbewerteten Frankens um 10 Prozent um die Teuerung um 1 Prozentpunkt zu reduzieren.

Dazu kommt: Eine überbewertete Währung kann auch längerfristigen wirtschaftlichen Schaden anrichten, weil die Firmen weniger in Innovationen, Maschinen usw. investieren. Für die Schweiz haben das Forscher von KOF/BSS in einer Studie zur Aufhebung des Mindestkurses nachgewiesen. An der letzten Jackson Hole Conference der Zentralbank-ChefInnen aus der ganzen Welt gab es auch ein interessantes Paper dazu, das die negativen Auswirkungen auf die Innovationskraft zeigt.

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