Too-big-to-fail funktioniert nicht

  • Wirtschaft
Artikel
Verfasst durch Daniel Lampart

Die so genannte Too-big-to-fail-Vorlage wurde eben erst vom Parlament verabschiedet, doch nun kapituliert die Finma bereits. Das zeigt: Too-big-to-fail ist too small.

Finma-Direktor Raaflaub gestand am Samstag in einem Interview der NZZ (NZZ vom 19.11.2011), dass die versprochene kontrollierte Liquidation einer Grossbank im Konkursfall nicht funktioniert: „Wo wir uns keine Illusionen machen sollten, ist bei der Fähigkeit, eine global tätige Grossbank geordnet aus dem Markt ausscheiden zu lassen. [...] In der Schweiz könnte immerhin eine rein inländisch tätige, kleine oder relativ übersichtliche Bank liquidiert werden“. 

Damit bestätigt sich, was der SGB immer befürchtet hat. Mit der Too-big-to-fail-Vorlage kann eine Wiederholung der Krise nicht verhindert werden. Ein Rückblick auf das Projekt zeigt, wie der Bevölkerung Sand in die Augen gestreut wurde:

  • Wer definieren kann, was das Problem ist, bestimmt auch die Lösung. Bundesrat und Nationalbank haben zusammen mit Economiesuisse und anderen erfolgreich den Standpunkt durchgedrückt, dass das Problem das Too-big-to-fail sei – dass man Grossbanken nicht Konkurs gehen lassen könne. Die Tatsache beispielsweise, dass das heutige Finanzsystem selber krisenanfällig ist, wurde bereits zu Beginn ausgeschlossen. 
  • Bundesrat Merz hat gesagt, dass man das Too-big-to-fail-Problem lösen wolle. In der Botschaft des Bundesrates war dann nur noch davon die Rede, dass man das Too-big-to-fail-Problem entschärfen will. Nach Abschluss der Parlamentsdebatte gesteht nun der Direktor der Finma ein, dass man nicht einmal dieses Problem im Griff hat. 

Desillusionierend ist auch eine im Oktober veröffentlichte Studie des Leiters des Bereichs Finanzstabilität bei der Bank of England, Andrew Haldane, was eigentlich getan werden müsste. Die Schweiz müsste die Eigenkapitalvorschriften verschärfen. Die Coco-Bonds müssten anders ausgestaltet sein. Wann sie in Eigenkapital umgewandelt werden sollen, sollte weder den Regulatoren noch den Banken überlassen werden. Das Schweizer Modell der Umwandlung in Abhängigkeit der Eigenmittelquote (gemessen an den risikogewichteten Aktiven) lässt dem Management zu viel Spielraum, und die Wandlung kommt zu spät. Es sollte möglichst früh gewandelt werden – beispielsweise in Abhängigkeit von der Entwicklung des Aktienkurses. Und schliesslich ein Klassiker: Die Anbindung der Boni an den Aktienkurs oder an die Eigenkapitalrendite führt dazu, dass das Management zu hohe Risiken eingeht. Es müssen andere Entschädigungsformen gewählt werden.

Die Bankenregulierung mag in der Schweiz auf politischer Ebene vorderhand abgeschlossen sein. Ökonomisch jedoch ist der Handlungsbedarf nach wie vor riesig. Man darf gespannt sein auf die Finma: Wenn sie der Meinung ist, dass die Schweizer Massnahmen nicht ausreichen, muss sie sich für bessere Massnahmen einsetzen. Denn in der nächsten Krise zu behaupten, man hätte in einem NZZ-Interview auf die grossen Mängel hingewiesen, reicht nicht. 

Andrew G. Haldane (2011) : Control rights (and wrongs), Bank of England, www.bankofengland.co.uk/publications/speeches/2011/speech525.pdf

Zuständig beim SGB

Daniel Lampart

Premier secrétaire et économiste en chef

031 377 01 16

daniel.lampart(at)sgb.ch
Daniel Lampart
Top