Schätzungen der Grossbanken führen in die Irre

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Verfasst durch Daniel Lampart, SGB-Chefökonom

Die neuste, starke Aufwertung des Frankens gegenüber dem Euro trifft die Schweizer Wirtschaft hart. Ihre Produkte und Dienstleistungen verteuern sich gegenüber der ausländischen Konkurrenz. Das wird – bei anhaltender Aufwertung - den Absatz schrumpfen lassen und viele Arbeitsplätze kosten. Bei der mittlerweile von den Grossbanken gepriesenen Relation von 1.40 Fr./Euro wird dieser Verlust von Stellen im Bereich von 20'000 liegen.

Die Aufwertung kommt zum Beginn einer wirtschaftlichen Erholung. Gegenwärtig werden wieder mehr Aufträge vergeben. Wenn die Schweizer Firmen jetzt nicht kostengünstig mitbieten können, droht ihnen ein dauerhafter Verlust an Marktanteilen. Die Franken-Aufwertung kann daher mittelfristig grossen Schaden anrichten. 

Aus den (Gross-)Banken kommen Behauptungen, der Franken sei gegenüber dem Euro bei 1.40 Fr./Euro fair bewertet. Dabei wird suggeriert, dass sich der Franken automatisch früher oder später in diese Richtung bewegen wird und die Nationalbank nur das Aufwertungstempo bremsen kann. Doch ein Blick in die vorliegenden Schätzungen und Statistiken ergibt ein anderes Bild. Diesen gemäss ist der Franken momentan deutlich überbewertet. Der starke Franken ist die Folge von spekulativen Übertreibungen. Mittelfristig ist mit einer Abwertung zu rechnen. Interventionen der Nationalbank wirken diesen spekulativen Übertreibungen entgegen. 

  • Der "reale" Frankenkurs gegenüber Deutschland beträgt gegenwärtig rund 107. Das bei einem historischen Durchschnitt von 100. Der Franken wäre dadurch rund 7 Prozent überbewertet (Wechselkursindex der SNB).
  • Die relativen Exportpreise der Schweiz näherten sich bereits Anfang 2010 bei einem Franken/Euro-Kurs von rund 1.46 ihrem historischen Höchststand (Seco Konjunkturtendenzen Frühjahr 2010, S. 35). Nur Mitte der 1990er Jahre war die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der Exportwirtschaft - bedingt durch die Frankenaufwertung - schlechter. Mit der jüngsten Aufwertung ist diese so schlecht wie noch nie. Ein klares Anzeichen für eine deutliche Überbewertung. 
  • Gemäss Schätzungen des Internationalen Währungsfonds war der Franken im Frühjahr 2009 fair bewertet (Article IV Consultation 2009). Das bei einem Fr./Euro-Kurs von ungefähr 1.51 Fr./Euro.
  • Im Frühjahr 2008 ging der Währungsfonds von einer Unterbewertung von rund 7 Prozent aus (Article IV Consultation 2008). Damals lag der Franken/Euro-Kurs bei knapp 1.60 Fr./Euro. 
  • Wer – wie die Ökonomen der UBS und der Credit Suisse - sagt, die Schweiz sei eine Hochpreisinsel, sagt damit implizit auch, dass der Franken überbewertet ist. 

Um Deflationstendenzen und schwerwiegende Absatzeinbussen in der Exportwirtschaft zu verhindern, muss die Nationalbank gegen die vorübergehende Aufwertung ankämpfen. Der Franken wird sich früher oder später wieder in Richtung faire Bewertung – also in den Bereich über 1.45 Fr./Euro - bewegen. Dann kann die Nationalbank ihre Euro-Anlagen wieder verkaufen. 

Zuständig beim SGB

Daniel Lampart

Sekretariatsleiter und Chefökonom

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daniel.lampart(at)sgb.ch
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