Konjunktur ankurbeln: Direkte Stärkung der Kaufkraft viel wirksamer als Mehrwertsteuersenkungen

  • Finanzen und Steuerpolitik
Blog Daniel Lampart

Kaum hat die Rezession eingesetzt, kommt auch schon die Forderung nach Steuersenkungen. Dieses stereotype Verhaltensmuster liess sich bisher leider nicht auflösen – obwohl ökonomisch alles dagegen spricht. Das neuste Beispiel ist die Forderung der FDP in der letzten NZZ am Sonntag, die Mehrwertsteuer zu senken. Um damit die Kaufkraft zu stärken.

Positiv kann man der FDP immerhin zugute halten, dass sie weder Einkommenssteuer- noch Gewinnsteuersenkungen vorschlägt. Das wären effektiv die wirkungslosesten Massnahmen, da sie nur Gutverdienern nützen und denjenigen Haushalten oder Firmen, welche dringend Geld benötigen oder Verluste schreiben, gar nichts bringen.

Doch auch Senkungen der Mehrwertsteuer verpuffen in der Regel - ohne positive Wirkung auf KonsumentInnen und Konsum. Ein noch relativ aktuelles, wenn auch bescheidenes Beispiel war ist die Senkung der Schweizer Mehrwertsteuer im Jahr 2018 von 8 auf 7.7 Prozent. Die Firmen haben die Preise nicht gesenkt, sondern kassierten die Differenz aus der Steuersenkung selber ein. Das zeigen Analysen mit dem Landesindex der Konsumentenpreise.

Doch auch grössere Mehrwertsteuersenkungen kommen kaum oder höchstens teilweise bei den KonsumentInnen an. Das zeigen verschiedene Beispiele aus dem Ausland. Eine starke MWSt-Senkung für Restaurants in Frankreich im Juli 2009 landete fast vollständig in den Kassen der Wirte. Die Preise sanken kaum, dafür stiegen die Margen. Weitgehend dasselbe geschah in Finnland, als die MWSt für Coiffeure stark gesenkt wurde (s. Link oben). Nicht viel besser schneidet die temporäre MWSt-Senkung im Vereinigten Königreich im Jahr 2008 ab. Zwar senkten die Firmen aufgrund eines starken politischen Drucks die Preise zum Zeitpunkt der Einführung spürbar. Doch bereits nach relativ kurzer Zeit – als sich der politische Fokus in der Finanzkrise auf andere Probleme verschob – wurden die Preise teilweise wieder erhöht.

Viel zielführender ist eine direkte Stärkung der Kaufkraft. Zumal viele Berufstätige, die in Kurzarbeit sind, nur 80 Prozent des früheren Lohnes haben. Diese Einkommenseinbusse macht vor allem GeringverdienerInnen stark zu schaffen. Wenn für sie die Kurzarbeitsentschädigung von 80 auf 100 Prozent erhöht würde, hätten nicht nur sie weniger Sorgen. Auch volkswirtschaftlich wäre die Massnahme positiv. Denn diese Lohneinbusse von 20 Prozent wird sich negativ bemerkbar machen.

Zuständig beim SGB

Daniel Lampart

Sekretariatsleiter und Chefökonom

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