Freihandelsabkommen Türkei: Menschenrechte nicht ausblenden!

  • Aussenwirtschaft
Artikel
Verfasst durch Reto Wyss

Die Schweiz darf kein falsches Signal setzen

Die Verhandlungen zur Modernisierung des Freihandelsabkommens mit der Türkei stehen kurz vor dem Abschluss. Der SGB fordert: Keine Unterzeichnung ohne erkennbare Verbesserung der menschenrechtlichen Lage.

Am Freitag, 24.11.2017, hat sich der EFTA-Ministerrat mit der Türkei grundsätzlich auf einen Abschluss der Verhandlungen zur Modernisierung und Ausweitung des existierenden Freihandelsabkommens geeinigt. Das neue Abkommen soll unter anderem ein "Nachhaltigkeitskapitel" zur Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards beinhalten.

Unter normalen politischen Bedingungen wäre eine solche Revision zu begrüssen: Die Schweizer Wirtschaft ist in hohem Ausmass vom internationalen Handel abhängig. Die Erweiterung neuer Abkommen um ein Kapitel zu Menschenrechten und Umweltnormen ist dabei das Resultat einer von Gewerkschaften und NGO eingebrachten Forderung.

Nur: Die politischen Bedingungen in der Türkei sind seit geraumer Zeit alles andere als normal. Laut Amnesty International wurden seit dem gescheiterten Putsch mehr als 130 000 Staatsangestellte - darunter Zehntausende LehrerInnen sowie Hunderte RichterInnen und GewerkschafterInnen - entlassen und/oder verhaftet. Oppositionelle BürgermeisterInnen wurden reihenweise abgesetzt und Parlamentsabgeordnete inhaftiert. Hunderte NGO mussten ihre Arbeit einstellen, die nationale Menschenrechtsinstitution wurde aufgelöst. Dutzende JournalistInnen (auch ausländische) sitzen in Untersuchungshaft, eine freie Presse gibt es kaum mehr.

Vor diesem Hintergrund ist die geplante Ratifizierung ein völlig falsches Signal. Dies sowohl an die Adresse der türkischen Regierung, als auch gegenüber allen Ländern, die seit Monaten Druck auf das Erdogan-Regime ausüben. Auch der türkischen Zivilbevölkerung - und insbesondere der kurdischen Minderheit - würde damit ein schlechter Dienst erwiesen. Das geplante Abkommen mit der Türkei gefährdet zudem die Glaubwürdigkeit aller seit 2010 eingeführten Nachhaltigkeitskapitel. Denn es muss davon ausgegangen werden, dass die türkische Regierung sehr bald den Beweis liefern würde, dass diese Bestimmungen ohne entsprechende Sanktionsmechanismen leider nicht viel wert sind.

Die EFTA hat den Verhandlungsprozess mit der Zollunion Russland-Weissrussland-Kasachstan nach der Annexion der Krim zu Recht auf Eis gelegt. Es gibt keinen Grund, sich gegenüber der Türkei nachgiebiger zu verhalten. Der SGB forderte den Bundesrat daher in einem Brief dazu auf, die substantielle Verbesserung der Menschenrechtslage in der Türkei zur klaren Bedingung einer Ratifizierung zu machen.

Zuständig beim SGB

David Gallusser

Zentralsekretär

031 377 01 18

david.gallusser(at)sgb.ch
David Gallusser
Top