Taschenrechner und Geldscheine

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Dossier 140: Verteilungsbericht 2020

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Dossier

Die Verteilung der Löhne, Einkommen und Vermögen sowie die Belastung durch Steuern und Abgaben in der Schweiz

Die Einkommensverteilung in der Schweiz hat sich seit der Jahrtausendwende markant verschlechtert. Dank einer aktiven Gesamtarbeitsvertrags- und Mindestlohnpolitik der Gewerkschaften stiegen zwar die unteren und mittleren Löhne. Gleichzeitig schauten viele Manager und Kader vor allem für sich selber. Die Toplöhne schossen insbesondere bis zur Finanzkrise steil in die Höhe, so dass die Lohnunterschiede mittlerweile enorm sind. Berufstätige mit einem Tieflohn müssen mittlerweile fast ein Jahr arbeiten, um auf ein Monatsgehalt der 50'000 Topverdienerinnen und Topverdiener zu kommen.

Die Steuer- und Abgabepolitik hat diese Probleme noch verschärft. Das Hauptproblem sind die stark gestiegenen Kopfprämien bei den Krankenkassen. Bund und Kantone müssten die Prämienlast für tiefe und mittlere Einkommen über Prämienverbilligungen lindern. Doch dieser Pflicht kommen sie nur ungenügend nach. Heute müssen zahlreiche Haushalte mit unteren Einkommen mehr als 10 Prozent ihres Einkommens für die Krankenkassenprämien aufwenden. Um die Jahrtausendwende betrug die Prämienlast ungefähr die Hälfte. Statt die Prämienverbilligungen zu erhöhen, haben die bürgerlichen Parteien in den Kantonen die Steuern für Gut- und Topverdienende gesenkt. Das Ergebnis dieser falschen Politik ist erschreckend: Die tiefen Einkommen haben über die letzten 20 Jahre real stagniert. Obwohl gerade diese Haushalte am dringendsten zusätzliches Geld bräuchten. Die Topverdienenden hingegen haben wesentlich mehr Geld zur Verfügung.

Die Corona-Krise führte für zahlreiche Geringverdienerinnen und Geringverdiener zu zusätzlichen finanziellen Problemen. Denn viele von ihnen arbeiten in denjenigen Branchen, die am stärksten betroffen sind, wie beispielsweise im Gastgewerbe oder im Kulturbereich. Im Falle der Kurzarbeit erhalten sie nur 80 Prozent ihres bereits in normalen Zeiten tiefen Lohnes. Oder – noch schlimmer – sie verloren die Stelle und sind nun auf Arbeitslosengeld angewiesen.

In den nächsten Jahren muss sich die Lage grundsätzlich ändern. Die politischen Projekte dazu sind zum grossen Teil bereits aufgegleist. Die Volksinitiative für höhere Prämienverbilligungen ist eingereicht und wird bald im Parlament behandelt. Die Volksinitiative für eine 13. AHV-Rente ist im Sammelstadium und dürfte bald eingereicht werden. Darüber hinaus macht der SGB Druck, dass die Krankenkassen rasch überschüssige Reserven ausschütten müssen und dass die unteren Einkommen bei Kurzarbeit den vollen Lohnersatz erhalten. Bei den unteren und mittleren Löhnen muss es im Rahmen der Lohn- und GAV-Verhandlungen wieder aufwärts gehen – insbesondere bei den Frauenlöhnen.

Forderungen wie höhere Abzüge für das private Sparen in der 3. Säule oder für Kinder begünstigen in erster Linie diejenigen, die schon in den letzten zwanzig Jahren profitiert haben. Stattdessen müssen die Kantone die Steuergeschenke für Gutverdienende und Vermögende korrigieren.

Die Schweiz gehört zu den reichsten Ländern der Welt. Das Geld ist vorhanden, dass alle mit ihrem Einkommen ohne grosse Sorgen über die Runden kommen können. Nun müssen die politischen Taten folgen.

Zuständig beim SGB

Daniel Lampart

Sekretariatsleiter und Chefökonom

031 377 01 16

daniel.lampart(at)sgb.ch
Daniel Lampart
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