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Artikel
Verfasst durch Pierre-Yves Maillard, SGB-Präsident

Kaufkraft der Familien: Nein zum Kinderabzug-Bschiss

Die Massnahmen zur Bekämpfung der Pandemie, die wir – hoffentlich – hinter und gebracht haben, und die wirtschaftliche Krisensituation, die wir leider noch einige Zeit durchmachen werden, stellen alle in der Schweiz vor sehr akute Probleme. Die Familien sind nicht verschont geblieben: Für viele von ihnen, die bis zum Monatsende nur schwer durchkommen, waren die Kurzarbeit oder die Leistungen für Selbständige sicherlich eine willkommene Hilfe, aber auch der Beginn des Kopfzerbrechens: Wie soll man mit 10, 20, 30 Prozent weniger Einkommen zurechtkommen? Dies gilt umso mehr, als z.B. von der Kurzarbeit 50 Prozent der Beschäftigten in den am schlechtesten bezahlten Branchen betroffen waren, aber nur ein Fünftel der am besten bezahlten Beschäftigten. Und das ohne Berücksichtigung der Arbeitslosigkeit, denn seit Februar ist die Zahl der Arbeitssuchenden (saisonbereinigt) um 55’000 Personen gestiegen.

Das unmittelbare Problem, vor dem Hunderttausende von Haushalten in unserem Land stehen, ist das Problem der Kaufkraft. Wie die Befürworter des Steuerprojekts anerkennen auch wir, umso mehr in diesem neuen Kontext, die Notwendigkeit einer föderalen Anstrengung zur Verbesserung der Kaufkraft der Familien, aber wir stellen die angewandte Methode in Frage, die nicht denen zugute kommt, die sie am dringendsten benötigen. Von den Steuerausgaben in Höhe von 370 Millionen Franken werden mehr als 70 Prozent dem Fünftel der Familien mit den höchsten Einkommen zugute kommen. Und doch, wenn wir bereit wären, mehr als ein Drittel einer Milliarde pro Jahr auszugeben, um die Familien in diesem Land zu entlasten, gäbe es wirksame und einfache Ideen, die umgesetzt werden könnten, um das Ziel und die Bedürfnisse der Menschen wirklich zu erreichen. So belaufen sich beispielsweise die für alle Kinder in der Schweiz gezahlten Krankenkassenprämien auf 1.812 Milliarden. Und auch das ist eine Steuer. Wenn man also Steuern senken will, wäre es genauso gut diejenigen ins Auge zu fassen, die darunter am meisten leiden. Unter Berücksichtigung der bereits erfolgten Prämienverbilligungen könnte man mit 370 Millionen Franken die Prämien aller Kinder unter 18 Jahren in der Schweiz, welche die Familienbudgets belasten, mit einem pauschalen Rabatt um 25 Prozent senken.

Konkret heißt das:

  • Für eine Familie mit zwei Kindern und einem Einkommen von rund 110'000 CHF brutto (d.h. etwas über 90'000 CHF netto):
  1. Der Gesetzentwurf hat keinerlei Effekt, wenn beide Elternteile arbeiten.
  2. Wenn nur ein Elternteil arbeitet, wird die Steuerlast um etwa 210 Franken pro Jahr gesenkt.
  3. Eine Senkung der Prämien um 25 Prozent würde ihre Rechnung hingegen um 300 Franken pro Kind, insgesamt 600 Franken, also fast dreimal so viel, entlasten!
  • Für alle Familien, deren Bruttojahreseinkommen unter diesem Niveau liegt, ist die Gleichung einfacher: Der Gesetzesentwurf bringt ihnen nichts. Eine Senkung der Prämien bietet ihnen die gleichen 600 Franken Entlastung.
  • Und selbst für die obere Mittelschicht ist die Rechnung schnell gemacht: Bis zu 190'000 Franken Jahreseinkommen würde die Prämienentlastung für zwei Kinder grob gesagt mehr bringen als die Steuererleichterung!

Die Entlastung der Familien von den Zwangsabgaben ist nicht nur eine Priorität aller politischen Programme. Es ist eine Antwort auf eine absolute Notwendigkeit angesichts der sozialen und wirtschaftlichen Situation, die wir erleben. Aber wir brauchen ein Projekt, das wirklich ins Schwarze trifft. Dieses Vorlage tut das nicht.

Zuständig beim SGB

Reto Wyss

Zentralsekretär

031 377 01 11

reto.wyss(at)sgb.ch
Reto Wyss
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