Das Problem ist alles andere als beseitigt

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Verfasst durch Daniel Lampart, Chefökonom des SGB

Kein zweiter Fall UBS mehr? Bei weitem nicht. Was die Expertengruppe des Bundes vorschlägt, taugt nicht, um das Problem zu eliminieren. Die Gruppe wollte das Problem nur ein bisschen minimalisieren. Und das ist zu wenig.

Dass der Bund zusammen mit der Nationalbank die UBS retten musste, war für einen grossen Teil der Bevölkerung einer erschütternde Erfahrung. Die Rettung wurde nur deshalb unter grossen Vorbehalten akzeptiert, weil der Bundesrat den Standpunkt vertrat, dass die Schweiz erstens ohne Rettung grosse wirtschaftliche Probleme gehabt hätte und dass zweitens Massnahmen ausgearbeitet würden, damit sich eine solche Krise nicht mehr wiederhole. 

Der Auftrag der Expertengruppe „Too-big-to-fail“ wurde denn auch so wahrgenommen. Die Expertengruppe sollte Massnahmen vorschlagen, damit es keinen zweiten Fall UBS mehr gäbe. Jetzt, nach der Präsentation des Berichtes, ist es Zeit für eine Zwischenbilanz: Hat die Expertengruppe diesen Auftrag erfüllt? 

Bereits während der Krise war klar: Damit sich eine solche nicht wiederholt, brauchen die Banken in Zukunft viel mehr Eigenkapital. Das war auch die Botschaft des Nationalbank-Direktoriums. Die UBS hat in der Krise Verluste von 46 Milliarden Franken gemacht. Um die Verluste zu begrenzen und einen Konkurs der UBS zu verhindern, hat ihr die Nationalbank „toxische“ Wertpapiere in der Grössenordnung von 40 Milliarden abgenommen (Stabfund). Verschiedene Experten im In- und Ausland haben daher verlangt, dass die Banken ungefähr 10 Prozent ihrer Bilanzsumme an Eigenkapital halten müssten. Das heisst, dass jeder Franken Bilanzsumme mit 10 Rappen Eigenkapital hinterlegt werden muss. Bei der UBS wären das im Moment knapp 150 Milliarden. Damit hätte sie wohl die Verluste in der Krise auffangen können.

Nur 30 bis 40 Mia „echtes“ Eigenkapital

Die Vorgaben der Expertengruppe des Bundes sind aber deutlich tiefer. Sie verlangen von der UBS und der Credit Suisse 30 bis 40 Milliarden „echtes“ Eigenkapital und darüber hinaus noch einen Puffer aus Pflichtwandelanleihen (Coco-Bonds) in der Grössenordnung von 35 Milliarden. Wobei sich im Krisenfall noch zeigen muss, wie viel diese Coco-Bonds wirklich wert sind.

Diese neuen Vorgaben muss man den Verlusten der UBS in der Krise gegenüber stellen. Und das wirft brisante Fragen auf. Es ist ausgesprochen unsicher, ob dieses Eigenkapital in der Krise zum Auffangen der Verluste gereicht hätte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Firma kein Eigenkapital in der Nähe von null haben sollte. Denn dann kommt sie nur noch unter grossen Schwierigkeiten zu Krediten, was ihr Schicksal besiegeln wird.  

Ob das Kapital genügt, lässt sich auch anhand von Daten des Bankprofessors Urs Birchler bezweifeln. Nach seinen Berechnungen haben die Grossbanken in der Schweizer Immobilienkrise Ende der 1980er, Anfang der 1990er Jahren rund 75 Milliarden (zu heutigen Preisen) verloren. Verluste, wie sie in der Finanzkrise auftraten, sind somit nichts Einzigartiges. 

Weniger als in den 90er Jahren

Unter den neuen Vorschriften müssen die Banken weniger Eigenkapital halten, als sie in den 1990er Jahren in ihren Bilanzen hatten. Das schreibt sogar die Expertengruppe in ihrem Bericht. Während nach Meinung der Expertengruppe künftig rund 2.5 Rappen „echtes“ Eigenkapital pro Franken Bilanzsumme gehalten werden muss, waren es in den späten 1990er Jahren ungefähr 3 Rappen.  

Dieser Vorschlag wird das so genannte „Too-big-to-fail“-Problem nicht beseitigen. Die Reserven der Banken sind in Zukunft nicht hoch genug, als dass man mit gutem Gewissen sagen könnte, dass sich die Schwierigkeiten nicht wiederholten.

Doch die Expertengruppe hat ihren Auftrag anders verstanden. Sie schreibt, dass sie Vorschläge machen muss, „wie die von Grossunternehmen ausgehenden Risiken für die Volkswirtschaft verkleinert werden können“. Es geht also nicht um eine Beseitigung des Problems, sondern nur um eine Verkleinerung. Wahrscheinlich konnte man von einer unter Bundesrat Merz eingesetzten Expertengruppe, in welcher die Behörden gegenüber den Bank- und Firmenvertretern in der Minderheit waren, nicht mehr erwarten. 

Der Bundesrat wird die Vorschläge der Gruppe deutlich nachbessern müssen. Die Bevölkerung will, dass der Finanzsektor keine Bedrohung für den Rest der Wirtschaft darstellt. Und sie will keinen zweiten Fall UBS. Darum müssen die Grossbanken verpflichtet werden, so viel Eigenkapital zu halten, dass sie die Verluste selber tragen können. 

Zuständig beim SGB

Daniel Lampart

Sekretariatsleiter und Chefökonom

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