Bundesgesetz über die Verrechnungssteuer

  • Finanzen und Steuerpolitik
Vernehmlassungen

Vernehmlassungsantwort des SGB

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) nimmt zu den einzelnen Massnahmen des Gesetzesvorhabens im Detail Stellung.

Der Bundesrat will mit der vorliegenden Reform den Fremdkapitalmarkt stärken. Diese beinhaltet mehrere Massnahmen:

  • Teilweise wird vom Schuldnerprinzip auf das Zahlstellenprinzip umgestellt.
  • Inländische juristische Personen und ausländische Anleger werden von der Verrechnungssteuer auf Schweizer Zinserträgen befreit.
  • Ausländische Zinserträge von natürlichen Personen im Inland werden neu erfasst.
  • Die direkte und die indirekte Anlage werden gleichbehandelt.
  • Die Umsatzabgabe auf inländische Obligationen wird abgeschafft.

Das vorliegende Gesetzesprojekt gliedert sich in eine Reihe von Vorhaben ein, welche kapitalmarktbezogene Tätigkeiten fördern will: Die Stempelsteuer soll schrittweise abgeschafft werden, neben der Abschaffung der Umsatzabgabe ist in der vorliegenden Thematik insbesondere auch die Emissionsabgabe zu erwähnen. Der SGB hält diese Vorhaben – insbesondere in der aktuellen Krisensituation – für finanzpolitisch fragwürdig.

Umstellung auf das Zahlstellenprinzip

Die Sicherungsfunktion der Verrechnungssteuer im Inland wird zurzeit nur teilweise erfüllt. Erträge aus ausländischen Titeln, die von im Inland ansässigen Leistungsempfängern vereinnahmt werden, unterliegen der Einkommens- und Vermögenssteuer, aber werden von der Verrechnungssteuer nicht erfasst. Mit dem Wechsel vom Schuldner- zum Zahlstellenprinzip wird die Verrechnungssteuer nicht mehr anonym vom Schuldner erhoben, sondern von der schweizerischen Zahlstelle (i.d.R. Bank), welche die betreffenden Erträge ihren Kunden gutschreibt. So unterliegen der Verrechnungssteuer neu auch ausländische Zinserträge, wenn die betreffenden Anlagen auf einer Schweizer Bank gehalten werden. Dadurch wird die Sicherungsfunktion der Verrechnungssteuer für die schweizerische Einkommens- und Vermögenssteuer verbessert. Der SGB begrüsst diesen Beitrag zur Steuerehrlichkeit und damit auch Steuergerechtigkeit.

Der SGB hat sich bereits in früheren Stellungnahmen zur Verrechnungssteuer geäussert und dabei die Umstellung vom Schuldnerprinzip auf das Zahlstellenprinzip unter gewissen Voraussetzungen unterstützt. Zwingend ist für den SGB bei der Umstellung auf das Zahlstellenprinzip, dass ein reziproker Automatischer Informationsaustausch (AIA) mit wichtigen Partnerstaaten besteht. Ansonsten bestünde das Risiko der Zahlstellenverlegung durch inländische natürliche Personen ins Ausland. Da unterdessen gegen 100 Abkommen bestehen, darunter mit allen wichtigen Finanzzentren, ist die Voraussetzung eines genügend grossen AIA-Netzes heute gegeben. Dies entgegen der Situation 2015. Der SGB kann den teilweisen Wechsel auf das Zahlstellenprinzip somit unterstützen.

Ausweitung des Sicherungszwecks auf ausländische Zinserträge bei inländischen natürlichen Personen

Diese Massnahme wird durch die Umstellung aufs Zahlstellenprinzip möglich und stärkt den Sicherungszweck der Verrechnungssteuer. Sie führt zu 35 Mio. Franken Mehreinnahmen, sofern ein Teil der ausländischen Zinserträge bisher nicht deklariert wurde. Der SGB begrüsst diese Massnahme.

Befreiung von der Verrechnungssteuer für inländische juristische Personen und ausländische Anleger

Für ausländische Anlegerinnen und Anleger ist die Besteuerung gesichert, wenn die Schweiz mit dem entsprechenden Staat einen AIA pflegt. Für gegen 100 Staaten liegen solche vor. Ausländische Anlegerinnen und Anleger haben gemäss DBA einen Rückerstattungsanspruch. Für diese Gruppen kann eine zusätzliche Verrechnungssteuer als «Übersicherung» bezeichnet werden. Die Forderung nach einer Befreiung von der Verrechnungssteuer scheint daher verständlich. Dennoch fallen dabei im Vergleich zum Status Quo Mindereinnahmen von rund 160 Mio. an. Ob bei diesen Gruppen auf eine Erhebung der Verrechnungssteuer verzichtet werden soll, ist somit auch eine finanzpolitische Frage. Der SGB nimmt zu dieser Frage untenstehend Stellung.

Finanzielle Folgen

Die Reform führt zu einmaligen sowie dauerhaften finanziellen Effekten. Die temporären Effekte ergeben sich daraus, dass die Rückerstattung der Verrechnungssteuer bis drei Jahre nach Fälligkeit der steuerbaren Leistung beantragt werden kann, gleichzeitig bei den neu ausgenommenen Anlegerinnen und Anlegern keine Verrechnungssteuer mehr anfällt. Der einmalige Effekt beläuft sich auf 750 Millionen Franken. Allerdings führt die Vorlage zu wiederkehrenden Ausfällen von 180 Millionen Franken. Zu den Ausfällen, welche die Verrechnungssteuer betreffen (130 Millionen Franken), kommen 50 Millionen Franken aus der Aufhebung der Umsatzabgabe auf inländischen Obligationen. Praktisch die ganze Summe fällt beim Bund an. Es ist höchst fraglich, ob sich der Bund in der aktuellen Lage solche Stimulationsvorlagen für die Banken und den Kapitalmarkt leisten kann.

Höhe des Verrechnungssteuersatzes

Die Vorlage will auch die Sicherungsfunktion der Verrechnungssteuer erhöhen. Der SGB hat schon in früheren Stellungnahmen darauf hingewiesen, dass diese nur erfüllt werden kann, wenn der effektive Grenzsteuersatz auf das steuerbare Einkommen unter dem geltenden Verrechnungssteuersatz von 35 Prozent liegt. Heute liegen die obersten Grenzsteuersätze in vielen Kantonen – in besondere in bevölkerungsreichen Kantonen wie BE, GE, VD, ZH u.a. – über diesem Wert. Die Verrechnungssteuer zwingt also in vielen Kantone nicht zur Steuerehrlichkeit. Dabei wird die Versuchung, Kapitaleinkommen zu verheimlichen, in dieser Betrachtung noch unterschätzt, da die Vermögenssteuer ignoriert wird. Beim zurzeit geltenden Verrechnungssteuersatz von 35 Prozent erreicht die Verrechnungssteuer ihr Hauptziel – die Förderung der Steuerehrlichkeit – also nur ungenügend, wodurch dem Fiskus beträchtliche Steuereinnahmen entgehen. Ferner sind dort, wo die Verrechnungsteuer nicht mehr greift, die effektiv bezahlten Steuern andere als die von der Steuergesetzgebung geforderten. Folglich werden die verteilungspolitischen Zielsetzungen sowie das Besteuerungsverhältnis von Arbeits- und Kapitaleinkommen der vom Volk gutgeheissenen Steuertarife unterlaufen. Deshalb fordert der SGB, dass der Verrechnungssteuersatz für inländische natürliche Personen angehoben wird. Die aktuellen effektiven Grenzsteuersätze sind unter Berücksichtigung der Vermögenssteuer zu berechnen und die Höhe des Verrechnungssteuersatzes darauf abzustimmen.

Der SGB unterstützt einzelne Massnahmen der folgenden Reform, insbesondere den teilweisen Wechsel auf das Zahlstellenprinzip. Jedoch muss die Umstellung einnahmenneutral erfolgen. Deshalb wird die Abschaffung der Umsatzabgabe auf inländische Obligationen abgelehnt. Ausserdem ist der Verrechnungssteuersatz für inländische natürliche Personen weiterhin zu tief, um den Sicherungszweck zu erfüllen. Er muss erhöht werden.

Zuständig beim SGB

Daniel Lampart

Sekretariatsleiter und Chefökonom

031 377 01 16

daniel.lampart(at)sgb.ch
Daniel Lampart
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