Zuerst den Druck auf die viel zu teuren Sammelstiftungen erhöhen

  • Berufliche Vorsorge
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Verfasst durch Florian Keller

Alle BVG-Fachleute seien für die Senkung des Umwandlungssatzes, behaupten die Befürworter der Vorlage immer wieder lautstark. Die Behauptung hat einen kleinen Haken: Sie ist falsch, wie das Interview mit Christoph Häberli, dem Präsidenten des Stiftungsrates der Pensionskasse des Baumeisterverbandes, zeigt.

Der Pensionskassenverband ASIP suggeriert in der Abstimmungskampagne gerne, dass sämtliche Fachleute der beruflichen Vorsorge für die Senkung des Umwandlungssatzes BVG sind. Sie als Stiftungsrat der Pensionskasse des Baumeisterverbandes stehen öffentlich gegen die Senkung ein. Was haben Sie für Gründe?

Selbst die NZZ hat kürzlich geschrieben, dass nur “die Mehrheit” der “Experten” für eine Senkung sei. Eine offizielle Abstimmung gab es meines Wissens nie. Gerade der Experte unserer Pensionskasse ist nicht dieser Meinung. Es gibt denn auch gute Gründe für die Annahme, dass weder die Lebenserwartung stetig und linear zunehmen wird (wie dies die Rentensenkungs-Experten behaupten), noch dass die Renditeerwartungen tatsächlich über Jahrzehnte so tief sein werden wie in den letzten Jahren. Erinnert sei an den New-Economy-Hype Ende der 90er Jahre. Damals behaupteten viele „Experten” auch, nun sei in der Wirtschaft alles anders als früher. Wenig später zeigte sich das klare Gegenteil. Die Ermittlung der möglichen Renditen mit vertretbarem Risiko wurde von der Nationalbank aufgrund einer Studie, die mehr als 60 Jahre erfasst, vorgenommen. Das ist daher zuverlässiger, als Schätzungen aufgrund der letzten fünf Jahre.                         

Würde eine Senkung des Umwandlungssatzes Ihre Arbeit als Stiftungsrat nicht enorm erleichtern? Sie könnten nach wie vor höhere Umwandlungssätze anwenden, diese aber nach Notwendigkeit senken?     

Es entspricht gutschweizerischer Mentalität, überall Sicherheitspolster und Auffangbecken  einzubauen. Daher besteht die Gefahr, dass bei einem zu tiefen Umwandlungssatz zu viele Reserven aufgebaut und nicht sinnvoll und rechtzeitig wieder abgebaut werden. Die hohe Fluktuationsrate der Arbeitnehmer zwischen den Betrieben und – aufgrund der heutigen Struktur der 2. Säule – zwischen den Kassen führt dann dazu, dass immer wieder die gleichen Arbeitnehmer Reserven für andere aufbauen, selbst aber nie davon profitieren können. Daher braucht es diese Freiheit nicht, wenn sie nicht zwingend notwendig ist. Zudem muss zuerst der Druck auf die viel zu teuren Sammelstiftungen der Versicherungsgesellschaften erhöht werden. Diese wollen ja nur deshalb höhere Überschüsse generieren, weil sie davon einen fixen Anteil abschöpfen können.  

Was sähen Sie für Alternativen, um zukünftige Löcher in den Pensionskassen zu verhindern und trotzdem die Leistungen beizubehalten? 

Die 2. Säule braucht dringend eine grundlegende Reform, damit zahlreiche Ineffizienzen ausgeräumt werden können. Am wichtigsten für mich ist, dass wesentlich weniger Geld sinnlos an Versicherungsgesellschaften (und dort in Manager-Boni) sowie in Form von Beratungs- und Vermögensverwaltungshonorare an die Banken abfliesst. In der Krankenversicherung spricht man von zuviel Verwaltungsaufwand bei rund hundert Kassen, in der beruflichen Vorsorge mischen immer noch fast dreitausend mit. Bevor die Leistungen gekürzt werden, müssen alle Mittel zur Straffung der Organisation ausgenützt werden.

Zuständig beim SGB

Gabriela Medici

stv. Sekretariatsleiterin

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gabriela.medici(at)sgb.ch
Gabriela Medici
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