Economiesuisse, die Kampagnenorganisation der Schweizer Wirtschaft, hat heute ihr Ziel für die Abstimmung vom kommenden 7. März verkündet: „Im Verhältnis zur steigenden Lebenserwartung und den Renditen auf dem Kapital in der Pensionskasse sind die heutigen Renten zu hoch.“ Die Wirtschaftsverbände würden sich darum mit aller Kraft für die Senkung des BVG-Umwandlungssatzes einsetzen.
Economiesuisse liegt damit gleich in mehrfacher Hinsicht falsch:
- Die Höhe der Renten darf sich nicht allein nach den „Renditen auf dem Kapitalmarkt“ oder nach der „steigenden Lebenserwartung richten, wie Economiesuisse fordert. Massstab für die Rentenhöhe ist vielmehr der Bedarf der Rentnerinnen und Rentner wie er in der Bundesverfassung definiert ist: „Die berufliche Vorsorge ermöglicht zusammen mit der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise.“ Das gilt auch bei steigender Lebenserwartung oder sinkenden Renditen.
- Die heutigen Renten sind – trotz der Behauptung von Economiesuisse – keineswegs zu hoch. Das wissen ihre Spezialisten aus der Versicherungsbranche selber am besten: „Die Leistungen aus der ersten und zweiten Säule decken in der Regel lediglich 60 Prozent des letzten Einkommens ab. Nach der Pensionierung rechnet man aber mit einem Bedarf von 80-90 Prozent. Nur auf diesem Niveau kann der gewohnte Lebensstandard sorglos weitergeführt werden.“ Diese Aussage stammt von Thomas Bahc, dem Leiter Privatkunden bei SwissLife. Und in einem Prospekt von Axa/Winterthur heisst es: „Die Renten aus der staatlichen und beruflichen Vorsorge decken in der Regel nur ca. 40-60 Prozent des bisherigen Einkommens ab. Schliessen Sie diese Lücke mit einer privaten Vorsorge.“
- Mit der Behauptung, auf dem Kapital der Pensionskassen könne nicht mehr genügend Rendite erzielt werden um das Rentenniveau zu halten, widerspricht Economiesuisse den eigenen Fachleuten aus der Finanzbranche. Sowohl Spitzenbanker wie -manager der Versicherungsbranche versprechen ihren Aktionären wieder Eigenkapitalrenditen von 15 bis 25 Prozent. Tatsache bleibt allerdings: Weder die Boomphasen der Börse in den letzten Jahrzehnten noch die aktuelle Finanzkrise wurde von denjenigen vorausgesehen, die jetzt vorgeben, sie wüssten genau, wie sich die Kapitalrenditen bei den Pensionskassen in den nächsten Jahren entwickeln werden. Das ist nichts anderes als Voodoo-Ökonomie – auf Kosten der Versicherten.
- Betriebliche Vorsorge wird bereits seit dem 19. Jahrhundert betrieben. Und seither hat die mittlere Lebenserwartung in der Schweiz laufend zugenommen. Die Pensionskassenrenten sind analog zum allgemeinen Wohlstand dennoch angewachsen. Das Argument mit der steigenden Lebenserwartung stammt vor allem von Versicherungsgesellschaften und Anlageberatern und dient lediglich dazu, weitere Leistungsreduktionen bei der AHV und der zweiten Säule zu begründen. Der Zweck: Immer mehr Menschen sollen zum Abschluss privater Versicherungen bewegt werden. Carsten Maschmeyer, Vewaltungsrat von Swiss Life sagt es unverblümt: "Wir stehen vor dem grössten Boom, den unsere Branche je erreicht hat: die Verlagerung der staatlichen zur privaten Altersvorsorge ist ein Wachstumsmarkt über Jahrzehnte... Man kann zwar nicht überblicken, wie sich der Anstieg der privaten Altersvorsorge präzise ausgestaltet. Es ist jedoch so, als ob wir auf einer Ölquelle sitzen. Sie ist angebohrt, sie ist riesig gross und sie wird sprudeln."
Fazit: Die geplante Senkung des Umwandlungssatzes ist unnötig, falsch, widerspricht der Verfassung und dient lediglich dazu, für die Versicherungsbranche eine neue, ertragreiche „Ölquelle“ anzubohren.