Unsinnigen Wettbewerb auf dem Buckel der Versicherten beenden

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Verfasst durch Christina Werder

Volksinitiative für öffentliche Krankenkasse ermöglicht Systemwechsel

Am 5. März 2014 wird der Nationalrat als Zweitrat die Volksinitiative «Für eine öffentliche Krankenkasse» behandeln. Er wird wohl leider wie zuvor Bundesrat und Ständerat die Initiative ablehnen – und verpasst damit eine Chance. Die Volksinitiative will der marktwirtschaftlichen Organisation in einer Sozialversicherung und damit dem Pseudowettbewerb unter den Kassen ein für alle Mal ein Ende setzen. Das ist nötig, denn die Zeche dieses Wettbewerbs zahlen die Versicherten.

Der SGB unterstützt die Volksinitiative „Für eine öffentliche Krankenkasse“. Sie führt im Gesundheitswesen zu einem grundlegenden Kurswechsel. Statt gut 60 Krankenkassen, die sich gegenseitig und auf dem Buckel der Versicherten konkurrenzieren, soll eine einzige Kasse mit Agenturen in den Kantonen die Grundversicherung abwickeln. Zukünftig sollen auch die Versicherten zusammen mit Vertretern des Bundes und der Kantone in den Organen dieser einzigen Kasse vertreten sein.

Marktwirtschaftliche Organisation in einer Sozialversicherung – Schluss damit!

Seit dem 1. Januar 1996 ist das Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) in Kraft. Die Krankenversicherung ist eine Sozialversicherung. Ihre Aufgabe ist, die Bevölkerung flächendeckend für die Heilungskosten bei Krankheit zu versichern. Seit dem KVG hat also die ganze Bevölkerung Zugang zu einer qualitativ hochstehenden Gesundheitsversorgung. Und das soll auch so bleiben. Der Leistungskatalog in der Grundversicherung ist für alle gleich, und es gelten die gleichen Regeln für alle.

Auch nach der Einführung des KVG sollten Krankenversicherer miteinander in Wettbewerb treten können – so wollte es der Gesetzgeber. Gestartet wurde damit der Versuch, erstmals eine Sozialversicherung marktwirtschaftlich zu organisieren. Dieser Versuch ist aus unserer Sicht gescheitert, denn in diesem System zahlen die Versicherten die Zeche. Die marktwirtschaftliche Organisation dieser Sozialversicherung hat trotz reguliertem Wettbewerb unter den Kassen weder zu mehr Effizienz noch zu Qualitätsverbesserungen geführt. Statt auf Diversifizierung, Gesundheitsförderung und Kostenmanagement setzen die Kassen auf Risikoselektion. Sie versuchen mit allen Mitteln, die aus Kostensicht jeweils optimalen Versicherten zu gewinnen. Die Praxis zeigt, dass zum Beispiel chronisch Kranke oder ältere Personen (schlechte Risiken) nach einer Offertanfrage für die Grundversicherung im Durchschnitt länger warten mussten als Gesunde (gute Risiken).

Die Kassen führen heute sowohl die Grund- als auch die Zusatzversicherung. Eine konsequente Trennung der beiden Bereiche innerhalb einer Kasse ist illusorisch. Die Trennung ist aber notwendig, um den Transfer von Gesundheitsdaten zum Zweck der Risikoselektion zu verhindern.

Der Leistungskatalog in der Grundversicherung ist für alle gleich. Zudem gelten die gleichen Regeln für medizinische Behandlung, Rehabilitation und Pflege. Doch die Realität ist anders! Transparenz und Gerechtigkeit des Systems werden durch die Vielzahl der Kassen unterlaufen, zum Beispiel bei den Kostengutsprachen. Benötigt eine Patientin nach einer Operation einen Rehabilitationsaufenthalt, braucht es eine Kostengutsprache. Bis zum Eintreffen der Kostengutsprache dauert es je nach Kasse unterschiedlich lang. Einige Kassen verweigern Kostengutsprachen, wo andere sie ohne weiteres bewilligen. Die Patient/innen sind also vom Goodwill der Kasse abhängig – von Gleichbehandlung kann keine Rede sein.

Die Macht der Kassen – Schluss damit

Die heutigen Kassen sind nicht genügend transparent, und die Versicherten haben – da sie nicht vertreten sind – nichts zu sagen. Sie haben kaum Einsicht, was mit ihren Prämien passiert, und keinen Einfluss auf die Geschäftspolitik. Diese wird allein von den Kassen, ihren Verwaltungsräten und –rätinnen und ihren Interssenverbänden wie z.B. Santésuisse gemacht.

Mit der öffentlichen Krankenkasse ist das Problem der Risikoselektion vom Tisch, die Gleichbehandlung bei den Leistungen gewährleistet, dank strikter Trennung von Grund- und Zusatzversicherung die Transparenz hergestellt und die Macht der Kassen geknackt. Es braucht diesen Systemwechsel. Er ist im Sinne der Versicherten.

Zuständig beim SGB

Reto Wyss

Zentralsekretär

031 377 01 11

reto.wyss(at)sgb.ch
Reto Wyss
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