SUVA: Betroffene werden zu Beteiligten

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Verfasst durch Nico Lutz, GL-Unia, Mitglied des Suva-Ratsausschusses

100 Jahre lösungsorientierte Zusammenarbeit

1912 stimmten die Schweizer im zweiten Anlauf der Errichtung einer Unfallversicherung zu. 1918 nahm die SUVA als wesentlich sozialpartnerschaftlich geprägte Institution ihren Betrieb auf. Hier die Rede, die Nico Lutz am Jubiläumsanlass gehalten hat.

Wenn es die Suva nicht schon 100 Jahre gäbe, dann müsste man sie heute sofort erfinden. Der Staat, die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorganisationen tragen gemeinsam eines der bedeutendsten Sozialwerke mit. Was historisch aus einer Not und einem offensichtlichen Mangel geboren wurde, hat sich über 100 Jahre als ausgezeichnete Lösung bewährt.

Die Suva ist auch eine Erfolgsgeschichte, weil Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich in dieser Organisation auf die gemeinsamen Interessen konzentrieren und in der Lage sind, über den einen oder anderen ideologischen Schatten zu springen. Das Resultat dieser lösungsorientierten Zusammenarbeit lässt sich sehen: 100 Jahre Erfolgsgeschichte als eines der wirksamsten, effizientesten und auch erfolgreichsten Sozialwerke.

Arbeitssicherheit: im Interesse aller

Der Ansatz der Suva ist bestechend: Betroffene werden zu Beteiligten. Die Arbeitnehmenden haben ein direktes Eigeninteresse an umfangreicher Präventionsarbeit, einer hohen Arbeitssicherheit und einem ausgebauten Gesundheitsschutz. Durch die Mitarbeit der Gewerkschaften in zahlreichen Suva-Expertengremien, im Suva-Rat und auch im verwaltungsratsähnlichen Suva-Ratsausschuss fliessen die Anliegen und die Sichtweise der Arbeitnehmenden direkt ein. Ebenso verhält es sich auf der Arbeitgeberseite, die ein hohes ökonomisches Interesse an einer ausgebauten Arbeitssicherheit und gesunden Mitarbeitenden hat. Dabei kann es im konkreten Fall durchaus auch unterschiedliche Positionen geben. Massnahmen zur Erhöhung der Arbeitssicherheit bedeuten auch Aufwand und dies kann zu Verzögerungen führen. Bei den "Lebenswichtigen Regeln" sowie bei der Charta "Stopp bei Gefahr" ist es allen Beteiligten gut gelungen, konkrete Handlungsanleitungen zu entwickeln, die Sicherheitsmassnahmen unabdingbar machen. In anderen Fragen ist es schwieriger, eine gemeinsame Position zu entwickeln. Zum Beispiel bei der Frage, ab wann es aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zumutbar und schlicht zu gefährlich ist, bei Tiefsttemperaturen, bei Eis und Schnee, draussen zu arbeiten. Da gibt es aus unserer Sicht noch Luft nach oben.

Gewerkschaften und Arbeitgeber erhöhen Glaubwürdigkeit

Generell ist jedoch gerade auch aufgrund der direkten Mitwirkung von Gewerkschafts- und Arbeitgeberseite die Unterstützung für die Suva in der Bevölkerung sehr gross. Die Zusammenarbeit der Sozialpartner in der Suva erhöht auch deren Glaubwürdigkeit gegenüber der Politik, wenn es um Fragen der Unfallversicherung und der Arbeitssicherheit geht. Die letzte UVG-Revision ist ein eindrückliches Beispiel dafür. Nur so lässt sich erklären, dass der von den Sozialpartnern im zweiten Anlauf ausgehandelte Kompromiss rasch und praktisch ohne Änderungen vom Parlament genehmigt wurde. Die gelebte Zusammenarbeit in den Suva-Gremien und das damit gewonnene gegenseitige Vertrauen spielten dabei eine entscheidende Rolle.

Ohne diese Zusammenarbeit gäbe es auf eine Reihe von schwierigen Problemen, wie zum Beispiel die Asbestkatastrophe, schlechtere Antworten. Dabei handelt es sich nicht nur um die ganz wichtige Präventionsarbeit der Suva. Es geht auch um eine gerechtere Verteilung der Risiken, bzw. der Asbestlast zwischen den Suva-Branchen, die dank einer internen Rückversicherung ab nächstem Jahr realisiert wird. Und es geht um den Entschädigungsfonds Asbest, der mit tatkräftigem Support der Suva seine Arbeit Mitte des letzten Jahres rasch aufnehmen konnte. Und letztlich geht es um die noch laufende Revision des Verjährungsrechtes, bei der sich endlich ein zukunftsgerichteter Kompromiss abzeichnet.

Öffnen für Dienstleistungen

Die Gründung der Suva vor 100 Jahren war ein grosser Wurf und ein mutiger Akt in einer bewegten Zeit. Damals war die Wirtschaft in der Schweiz geprägt durch den Anstieg der Beschäftigung im 2. Sektor. Im Hinblick auf diese Veränderung wurde die Suva gegründet. Die Struktur der Wirtschaft hat sich in den vergangenen 100 Jahren stark verändert. Während 1920 rund drei Viertel der Beschäftigten im ersten und zweiten Sektor arbeiteten, sind heute mehr als drei Viertel der Beschäftigten im dritten Sektor, den Dienstleistungsberufen, tätig. Es wird in der Schweiz immer eine Bauwirtschaft und eine produzierende Industrie geben. Die Bedeutung, welche die Suva in den nächsten Jahrzehnten haben wird, wird sich aber auch daran entscheiden, in welchen Branchen die Suva versichern wird. Es ist zu hoffen, dass es auch hier wieder zukunftsfähige und mutige Entscheide gibt - damit unsere Nachkommen in 100 Jahren dann auf 200 Jahre erfolgreiche Suva zurückblicken können.

Zuständig beim SGB

Daniel Lampart

Sekretariatsleiter und Chefökonom

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Daniel Lampart
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