Sparen auf dem Buckel der Patientinnen und Patienten

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Verfasst durch Pietro Cavadini

Abstimmungen vom 17. Juni: Managed Care

Die Managed Care-Vorlage, über die wir am 17. Juni abstimmen werden, ist eine Sparvorlage. Nur: sie spart am falschen Ort, nämlich bei den Patienten und Patientinnen.

Sogar ihre Befürworter geben es in ihren ehrlichen Augenblicken zu: Managed Care ist eine Sparvorlage. Sie führt allerdings nicht zu verantwortbaren Einsparungen bei den Gesundheitskosten – da wäre durchaus Potenzial vorhanden –, sondern die Einsparungen werden auf dem Buckel der Patientinnen und Patienten sowie des Gesundheitspersonals erzielt. So wie die Managed Care-Vorlage konzipiert ist, führt sie zu einem Abbau bei den medizinischen Leistungen und einer Rationierung der Therapien.

Es ist eine Illusion zu glauben, diese Revision des Krankenversicherungsgesetzes bringe eine Senkung der Gesundheitskosten bei gleicher Qualität. Die wahren Kostentreiber – Pharmaindustrie und Kassenbürokratie – bleiben unangetastet. Im Gegenteil: Mit den neuen Managed-Care-Modellen und ihren unzähligen Verträgen und Regelungen wächst die teure Bürokratie und Unübersichtlichkeit weiter.

Gefährliche Budgetmitverantwortung

Ärztenetzwerke (Managed Care) müssen mit einer Krankenkasse einen Vertrag mit einem Budget abschliessen. Das Netzwerk ist für die Einhaltung dieses Budgets mitverantwortlich. Bei der Aufstellung des Budgets wird geschätzt, welche Kosten ein bestimmter Versicherter im kommenden Jahr verursacht. Fallen die wirklichen Kosten tiefer aus, entsteht für das Netz ein Gewinn, den sich das Netz und die Krankenkasse teilen. Entsteht andererseits ein Verlust, so werden auch das Netz und die dort arbeitenden Ärzte zur Kasse gebeten. Diese Budgetmitverantwortung hat zur Folge, dass die Ärzte in einem Netzwerk ein finanzielles Interesse daran haben, Behandlungen – insbesondere teure Behandlungen – zu unterlassen. Es ist für einen Arzt nämlich oft eine Ermessensfrage, ob eine Untersuchung vorgenommen oder eine Behandlung angeordnet wird oder eben nicht.

Wer mit seinem Ärztewerk wegen dessen "Sparmedizin" nicht zufrieden ist, kann nicht einfach das Netzwerk wechseln. Wer sich nämlich einem Ärztenetzwerk anschliesst, kann verpflichtet werden, mindestens drei Jahre bei diesem zu bleiben. Wenn er oder sie vorher aussteigen will, so kostet das eine saftige Austrittsprämie. Auf der anderen Seite sind die Krankenkassen aber nicht verpflichtet, solche Managed Care-Modelle auch tatsächlich anzubieten. Der Wechsel zu einer anderen Kasse nach freier Wahl ist also auch nicht mehr möglich.

Nicht mehr im Heim eigener Wahl

Damit noch nicht genug: Ärztenetzwerke haben das Recht mit einzelnen Spitälern und Pflegeheimen Exklusivverträge abzuschliessen. Patienten und Patientinnen können so gezwungen sein, in eines dieser Spitäler oder Heime einzutreten, nur weil diese einen günstigen Vertrag mit dem Netzwerk abgeschlossen haben. Qualität spielt zudem beim Vertragsabschluss nur eine untergeordnete Rolle – entscheidend ist der Preis. Es ist vom Gesetz her auch keine Qualitätskontrolle vorgesehen.

Mit der Vorlage verschwinden auch bestehende echte Sparmodelle. Versicherungsmodelle wie das Hausarztmodell oder HMO-Lösungen, mit denen bisher Prämien gespart werden konnten, werden verschwinden, weil auch hier der Selbstbehalt auf 15 Prozent und 1000 Franken erhöht werden muss oder weil die Kassen solche Modelle nicht mehr in eigener Regie führen dürfen.

Es gibt also Gründe genug, diese Sparvorlage auf dem Buckel der Patientinnen und Patienten am 17. Juni an der Urne deutlich abzulehnen.

Zuständig beim SGB

Reto Wyss

Zentralsekretär

031 377 01 11

reto.wyss(at)sgb.ch
Reto Wyss
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