Die Probleme der älteren Generation auf dem Arbeitsmarkt sind bekannt und akut. Das Parlament hat es in der Frühlingssession in der Hand, mit der Überbrückungsleistung endlich eine konkrete Massnahme zu beschliessen.
Die OECD sagt es seit Jahren, das Seco bestätigt es einiger Zeit, die SGB-Gewerkschaften können es "auf dem Terrain" tagtäglich beobachten: Die Schweiz hat ein Problem mit Altersdiskriminierung. Wer über 50, spätestens aber wer über 55 Jahre alt ist, wird allzu oft kritisch beäugt und härter beurteilt, wenn er sich um eine Stelle bemüht. Eigentlich wird dies schon lange als Problem anerkannt, denn unter anderem deshalb haben ältere Arbeitnehmende länger Anrecht auf den Bezug von ALV-Taggeldern. Doch diese längere Bezugsdauer kompensiert längst nicht mehr ihre Probleme bei der Stellensuche: Der Anteil der Ü50 an den Langzeitarbeitslosen hat in den letzten 10 Jahren um 50% zugenommen, von den Arbeitslosen Ü60 wird mittlerweile jede Zweite ausgesteuert. Zwar ist landauf landab von Fachkräftemangel die Rede, doch ist dies für die betroffenen Personen weniger als ein schlechter Trost: Ihr Fachwissen und ihre langjährige Berufserfahrung scheinen nicht zu zählen, sie werden beruflich aufs Abstellgleis gestellt.
Die vom Bundesrat und den Sozialpartnern präsentierte Überbrückungsleistung geht die Probleme der älteren Arbeitnehmenden nun endlich ganz konkret an – und zwar mit einer würdigen sozialen Absicherung der finanziell sehr schwierigen Zeit zwischen Aussteuerung und Erreichen des ordentlichen Rentenalters. Die ÜL ist nur der Gipfel eines ganzen Bergs von Massnahmen (Pilotprojekte, Impulsprogramme, Potenzialanalysen etc.), welche ansonsten alle zu Recht auf die Wiedereingliederung der älteren Arbeitnehmenden in den Arbeitsmarkt setzen. Als würdiger Rettungsanker für all jene, die auch nach 200 oder 300 Bewerbungen aussen vor gelassen werden, ist sie aber umso wichtiger.
Wirkungsvoller Kompromiss
In der vergangenen Wintersession hat der Ständerat die präsentierte Vorlage zur Überbrückungsleistung allerdings bis zur Unkenntlichkeit zusammengestrichen – sowohl bei der Leistungsdauer als auch bei der Leistungshöhe. Die Sozialkommission des Nationalrats hat diesen Ausrutscher nun in ihrer letzten Sitzung wesentlich korrigiert und mit der Annahme eines umfassenden Antragspakets auch etliche sinnvolle Neuerungen beschlossen: So sollen alle 60-jährigen Ausgesteuerten Überbrückungsleistungen erhalten können, d.h. die Aussteuerung muss explizit nicht nach dem 60. Geburtstag stattfinden. Eine problematische und letztlich willkürliche Altersguillotine wird damit entfernt, die oft erwähnten "Schwelleneffekte" werden geglättet. Gleichzeitig wird durch die Einführung einer Mindestversicherungsdauer von 5 Jahren nach dem Alter 50 garantiert, dass die ÜL eine spezifische Leistung für ältere Ausgesteuerte bleibt. Darüber hinaus hat die SGK-N richtigerweise beschlossen, dass auch Erziehungs- und Betreuungsgutschriften an die Mindestversicherungsdauer angerechnet werden können, was insbesondere für die Frauen eine wichtige Regelung ist. Zudem soll auch die aktuelle Generation von Bezugsberechtigten bereits in den Genuss von ÜL kommen können.
Angleichung an die Ergänzungsleistungen
Gleichwohl werden im nun vorgeschlagenen Modell auch Abstriche gemacht. Schmerzhaft ist dabei insbesondere die Streichung der BVG-Sparbeiträge als Teil der anerkannten Ausgaben. Durch die sehr wichtige Übernahme der BVG-Risikobeiträge wird aber wenigstens die – erst kürzlich im Rahmen der EL-Revision beschlossene – PK-Weiterversicherbarkeit garantiert. Ein weiterer schmerzhafter Einschnitt ist zudem die von der Kommission beschlossene Reduktion der Vermögensschwelle auf die Hälfte der EL-Vermögensschwelle. Sie beträgt somit für Alleinstehende noch 50'000 Franken, für Paare 100'000 Franken. Damit werden ältere Ausgesteuerte vor dem Bezug von Überbrückungsleistungen ihr Vermögen stärker abbauen müssen, was längerfristig ihr Risiko für den Bedarf an Ergänzungsleistungen erhöht.
Grundsätzlich lehnt sich das von der Sozialkommission des Nationalrats beschlossene Modell viel näher an das bewährte System der Ergänzungsleistungen an – genau wie dies vom Ständerat prinzipiell auch gefordert wurde. Damit stimmen alle Voraussetzungen dafür, dass die beiden Kammern des Parlaments diese wichtige sozialpolitische Vorlage nun in der kommenden Frühlingssession zügig zu Ende beraten und damit den Probleme der älteren Arbeitnehmenden in diesem Punkt endlich konkret entgegenwirken können.