Mit lauten Tönen hat der Bundesrat im Frühling 09 „Massnahmen zur Eindämmung der Kostenentwicklung“ verkündet. Er wollte diese in einem auf drei Jahre befristeten Gesetz für dringlich erklären. In der Herbstsession hat sich nun gezeigt, dass damit vorerst nichts wird. Denn die ständerätliche Kommission hat ihre Detailberatung vertagt.
Kostenentwicklung: viel Rauch, kein Feuer
Der Nationalrat hingegen hat die Vorlage angepackt. Was er in der Herbstsession unter diesem Titel beschlossen hat, ist jedoch inakzeptabel. Zum ersten will er trotz der 2010 massiv steigenden Prämien keine zusätzliche Verbilligung sprechen. Nicht nur die gewerkschaftlichen Anträge zu deren Erhöhung – voller Ausgleich des Prämienanstiegs für mittlere und tiefe Einkommen - wurden abgelehnt. Sogar der Pflästerli-Vorschlag des Bundesrates, den entsprechenden Beitrag des Bundes um 200 Mio. zu erhöhen, fand keine Gnade. Positiv zu vermerken ist: Die grosse Kammer lehnt die vom Bundesrat vorgeschlagene Praxisgebühr von 30 Franken ab. Dafür aber will sie die Versicherten anderweitig zur Kasse bitten: Neu sollen alle Erwachsenen bei einem Spitalaufenthalt pro Tag einen Beitrag zahlen; dessen Höhe soll der Bundesrat festlegen können. Bei einem längeren Spitalaufenthalt kann das schnell einmal mehrere hundert Franken ausmachen. Zumindest die Festlegung einer Obergrenze wäre also zwingend. Der Nationalrat lehnte eine solche aber ab und weigerte sich auch, die Obergrenze des Selbstbehaltes von heute 700 Franken im Gesetz zu verankern. In dieses Bild der einseitigen Belastung der Kranken passt, dass die Pharmaindustrie einmal mehr griffige Massnahmen bei den Medikamentenpreisen abwürgen konnte.
Der Ständerat wird die Vorlage in der Wintersession beraten. Auch wenn sie dann vom Parlament verabschiedet werden sollte: Die Prämien 2010 wird sie nicht mehr beeinflussen. Fazit: viel Feuer wurde gelegt, aber es hat sich nur Rauch entwickelt.
Manged-Care: Kantone sollen Qualität sichern
Mit Manged-Care, Vertragsfreiheit und Kostenbeteiligung stehen demnächst weitere Gesundheitsvorlagen vor der parlamentarischen Beratung[1]. Am wichtigsten ist die Vorlage Managed-Care. Die entsprechende Kommission des Nationalrates, die SGK, wird sich im ersten Quartal 2010 mit ihr befassen. Als Erstrat hat der Ständerat bereits Beschlüsse gefasst, die Versicherern ermöglichten, Managed-Care-Modelle einzuführen. Diese Modelle würden jedoch die Macht der Kassen ausbauen und gleichzeitig die Qualität in der Grundversorgung gefährden. Fach- und Berufsverbände aus dem Gesundheitsbereich haben deshalb zusammen mit dem SGB und VPOD das Modell der Persönlichen Gesundheitsstelle (PGS) entwickelt und in die zuständige NR-Kommission eingespiesen. Dieses Modell stellt die hausärztliche Grundversorgung und die Qualität der Leistungen sicher, stimmt die Versorgungsleistungen optimal aufeinander ab und weist die flächendeckende Versorgungsverantwortung den Kantonen zu. Eine Korrektur der Managed-Care-Systeme à la Ständerat in diesem Sinn ist zwingend – und möglich.
Mehr Geld für die Prämienverbilligung
Die Prämienerhöhung 2010 wird viele Haushalte sehr einschneidend treffen. Die Forderung des SGB ist klar: Es braucht mehr Prämienverbilligung! Bei der KVG-Einführung (1991) hat der Bundesrat eine maximale Belastung durch die Krankenkassenprämien vorgegeben: Diese sollten 8 Prozent des steuerbaren Einkommens nicht übersteigen. Auch nach Abzug der Prämienverbilligung liegt bei den allermeisten Haushalten die Prämienbelastung über diesem Ziel. Mit andern Worten: Die Prämienverbilligung erreicht die sozialpolitischen Ziele nicht. Als Korrekturelement zur unsozialen Kopfprämie ist sie bis heute nur unbefriedigend umgesetzt worden. Deshalb muss sie massiv verbessert werden.
[1] Die Vorlagen Kostenbeteiligung und Vertragsfreiheit werden von der nationalrätlichen Kommission zusammen mit der Vorlage Managed-Care behandelt und dürften stark vom Ergebnis der Managed-Care Vorlage abhängen.