Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) lehnt die vom Schweizerischen Arbeitgeberverband (SAV) geforderte Erhöhung des Frauenrentenalters und in einem zweiten Schritt des generellen Rentenalters ab. Die Arbeitgeber lenken damit vom eigentlichen Problem der Altersvorsorge ab: vom sinkenden Rentenniveau.Der Arbeitgeberverband verkennt weiterhin, dass eine Reform der AHV nur gelingen kann, wenn die ungenügende Rentenhöhe der Ausgangspunkt für die Diskussionen bildet.
Breite Bevölkerungskreise kämpfen bereits heute mit einer ungenügenden Rente im Alter. Die Quote der NeurentnerInnen, die Ergänzungsleistungen zur AHV beziehen müssen, um über die Runden zu kommen, ist zwischen 2005 und 2017 von 7.6 auf 9.6 Prozent gestiegen. Gleichzeitig sinkt und sinkt das zukünftige Niveau der Pensionskassenrenten – besonders stark in den letzten Jahren mit minus 11 Prozent zwischen 2015-2018. Schuld ist das Finanzierungsmodell der zweiten Säule, das wegen der Tiefzinsphase aus den Fugen geraten ist. Es zeigt sich je länger je mehr, dass zur Sicherung anständiger Renten das Umlageverfahren der AHV dem Kapitaldeckungsverfahren der Pensionskassen überlegen ist.
Dass die AHV wegen der zurzeit überdurchschnittlichen Zunahme der RentnerInnenzahlen zusätzliches Geld braucht ist unbestritten. Dass sie deswegen vor dem Kollaps steht, ist hingegen billige Angstmacherei. Mit einer soliden Zusatzfinanzierung kann die AHV den wegen der Baby-Boom-Generation vorübergehend anfallenden Finanzbedarf decken. Mit der Annahme von STAF wurde ein erster Schritt zur Stärkung der AHV-Finanzen gemacht. Weitere müssen folgen. Dank STAF hat die Schweiz nun mehr Zeit, die wahren Probleme der Altersvorsorge zu lösen. So wie es in der Verfassung verankert ist: die Renten aus AHV und zweiter Säule sollen die «Fortsetzung des gewohnten Lebens in angemessener Weise» ermöglichen. Stabile und sogar steigende Renten für ein Leben im Alter in Würde garantiert nur die umlagefinanzierte AHV. Sie gehört deshalb ausgebaut, so wie es der SGB in der Volksinitiative für eine 13. AHV-Rente verlangt, die im Herbst lanciert wird.
Auch die Forderung des SAV nach einer Erhöhung des Rentenalters für die Frauen lehnt der SGB dezidiert ab. Gemäss den aktuellsten verfügbaren Zahlen (SAKE 2018) sind ein Jahr vor dem ordentlichen Rentenalter nur noch 46.2 Prozent aller Frauen erwerbstätig. Solange ältere Arbeitnehmende immer grössere Mühe haben, sich bis zum ordentlichen Rentenalter im Arbeitsmarkt zu halten, ist die Diskussion um ein höheres Rentenalter müssig. Es würde vor allem soziale Probleme bringen, die dann über Instrumente wie die Sozialhilfe bekämpft werden müssen. Dies sehen gemäss Umfragen auch über zwei Drittel der Stimmberechtigten so.