Politische und mediale Angriffe auf die Überbrückungsrente mit falschen Argumenten: Im Kanton Waadt hat die "Rente pont" soziale Probleme gelöst - ohne dass die Arbeitslosigkeit gestiegen ist

  • Arbeitslosenversicherung
Blog Daniel Lampart

Es ist immer wieder erschreckend, wenn man ältere Arbeitslose trifft, die trotz unzähligen Bewerbungen keine Stelle gefunden haben. Viele sind zunehmend entmutigt, was das Problem nur noch vergrössert. Wenn am Ende die Aussteuerung kommt, geht es auch finanziell bergab. Irgendwann führt kein Weg an der Sozialhilfe vorbei. Dort kann es aber sein, dass die Betroffenen zuerst einen Teil der Altersvorsorge-Guthaben aufbrauchen müssen, bevor sie Geld erhalten. Dementsprechend ist der Weg in die Ergänzungsleistungen im Rentenalter vorprogrammiert.

Mit der vom Bundesrat vorgeschlagenen Überbrückungsrente wäre diesen Leuten in der Not geholfen. Auch im Alter, weil die Vorsorgeguthaben erhalten werden können oder in geringerem Mass aufgebraucht werden müssen.

Politiker, Ideologen aus dem Seco und mit ihnen ein Teil der Medien schiessen jedoch scharf – mit eigenartigen Argumenten. Heute verstieg sich der Tagesanzeiger auf der Titelseite sogar zu folgender Aussage: „Neue Notrente führt zu mehr Arbeitslosigkeit“. Diese Behauptung ist nachweislich falsch. Denn die Betroffenen waren bereits arbeitslos und sind nun ausgesteuert. Sie können nicht gar mehr „arbeitslos“ werden. Auch die Behauptung, dass die Arbeitgeber wegen der Überbrückungsrente mehr Leute entlassen würden, ist an den Haaren herbeigezogen. Ein entlassener älterer Arbeitnehmer landet zuerst rund zwei Jahre in der Arbeitslosenversicherung. Dass ein unsozialer Arbeitgeber sich vor der Entlassung überlegt, was mit dem Betroffenen nach zwei Jahren geschieht, ist absurd. Das lässt sich auch mit Zahlen belegen. Der Kanton Waadt hat im Oktober 2011 eine „Rente pont“ für ausgesteuerte ab 60 bzw. 61 Jahren eingeführt. Auf die Arbeitslosenzahlen hatte das keinen Einfluss – zumindest keinen negativen. Der Anteil der 60plus am Total der Arbeitslosen ist ungefähr gleich geblieben. Obwohl er sogar hätte steigen müssen. Denn wegen Leistungsabbau in der Arbeitslosenversicherung waren ab 2011 weniger Jüngere bei den RAV als arbeitslos registriert.

Anteil der Arbeitslosen mit Alter 60plus am Total der Arbeitslosen im Kt. VD

Seit ein paar Jahren gibt es mehr ältere Arbeitnehmende in einem prekären Job. Es ist zu hoffen, dass die Überbrückungsrente hier hilft: Wenn die Betroffenen nicht mehr jede Stelle annehmen müssen.

Zurück zum Tagesanzeiger-Artikel: Der Autor kolportiert wieder einmal die Aussage, dass „die Erfahrungen mit einem Ausbau der Leistungen für Arbeitslose nicht gut“ seien. Diese Behauptung wurde empirisch regelmässig widerlegt. Denn eine gute Arbeitslosenversicherung stabilisiert die Wirtschaft in Krisenzeiten. Und sie gibt den Arbeitslosen genug Zeit, eine passende Stelle zu finden. Wenn Polymechaniker gezwungen sind, rasch eine Servicestelle im Gastgewerbe anzunehmen, ist niemandem geholfen. Die Mechaniker haben die falsche Berufserfahrung – und die Serviceleute kriegen zusätzliche Konkurrenz. Die im Artikel erwähnte Studie von Prof. Schaltegger (Uni Luzern) schliesst diese positiven Zusammenhänge explizit aus, wie auf Seite 13 der Studie zu lesen ist … Die ebenfalls im Artikel erwähnte Studie der Uni Lausanne, wonach Leistungskürzungen im Rahmen der ALV-Revision die Lage der Betroffenen verbessert hätten, ist ebenfalls falsch dargestellt. Ein solcher Effekt ist nur für eine spezielle Gruppe von Arbeitslosen aus forschungsintensiven Branchen zu beobachten (nicht ganz klar, warum). Bei den übrigen Arbeitslosen überwiegen tendenziell die negativen Effekte, wobei diese statistisch nur bedingt aussagekräftig sind. Auch in dieser Studie sind die gesamtwirtschaftlichen Effekte übrigens nicht untersucht.

Zuständig beim SGB

Daniel Lampart

Sekretariatsleiter und Chefökonom

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