Parlament zwingt hohe Einkommen zu mehr Solidarität

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Verfasst durch Ewald Ackermann

Arbeitslosenversicherung

Nach dem Nationalrat im März hat nun auch der Ständerat einer Motion zugestimmt, die mehr Solidarität in der Arbeitslosenversicherung (ALV) verlangt. Neu soll das sogenannte Solidaritäts-prozent nicht mehr bloss bis zu Einkommen von 315‘000.- erhoben werden. Superreiche werden damit künftig stärker zur Kasse gebeten.

„Es ist nicht verständlich, weshalb die Einkommen, die über 315 000 Franken liegen, nicht dazu beitragen sollen, die Schulden der Arbeitslosenversicherung (ALV) zu begleichen. Leute mit sol-chen Einkommen sind privilegiert; sie haben von den wirtschaftlichen Verhältnissen profitiert, während andere, die arbeitslos geworden sind, darunter leiden. In diesem Sinne geht es um einen konkreten Akt der Solidarität.“ So argumentierte Ständerat und SGB-Präsident Paul Rechsteiner in der kurzen Debatte der kleinen Kammer zu einer Motion, die das sogenannte Solidaritätsprozent nicht mehr plafonieren will.

Solidarität der Reichen, aber nicht der Schwerreichen - bisher

Der versicherte Verdienst bei der ALV liegt heute bei 126‘000.-/Jahr. Bis zu diesem Betrag wird heute ein ordentlicher ALV-Beitrag von 2,2 % (je 1,1 % für Arbeitgeber und Arbeitnehmer) erhoben. Für Einkommensanteile, die 126‘000.- übersteigen und maximal bis 315‘000.- reichen, ist heute zudem das sogenannte Solidaritätsprozent zu leisten (je 0,5 % für Arbeitgeber und Arbeitnehmer). Dieses Prozent ist allein für den Schuldenabbau der Arbeitslosenversicherung bestimmt. Nachher soll es aufgehoben werden.

Die Gewerkschaften und die Linke haben seit jeher mehr Solidarität bei den ALV-Beiträgen gefordert, hatten damit aber bis in die jüngste Zeit wenig Erfolg. Besonders stossend war, dass sich die bürgerliche Parlamentsmehrheit bislang immer weigerte, den Solidaritätsbeitrag auf dem Gesamtlohn von Schwerreichen zu verlangen. Nun aber kam kam Bewegung ins Dossier. Zwar verwarf der Nationalrat in der diesjährigen Frühlingssession einen Vorstoss von Katharina Huber-Prelicz, der verlangte, ordentliche ALV-Beiträge auf das gesamte Einkommen zu erheben. Gewerkschaften und Linke, unterstützt von sozial aufgeschlossenen Bürgerlichen, setzten dann aber eine Kommissionsmotion durch, die zumindest die Obergrenze von 315‘000.- für das Solidaritätsprozent beseitigen wollte. Die grosse Kammer verabschiedete diesen Vorschlag mit 106:65 Stimmen. Der Ständerat stimmt nun sechs Monate später mit offensichtlichem Mehr zu.

Bundesrat verspricht baldige Umsetzung

Nach Bundesrat Schneider-Ammann wird eine Person mit 400‘000.- Einkommen neu 35.- pro Monat mehr an die ALV abliefern müssen. Den gleichen Betrag muss der Arbeitgeber leisten. Angestellte mit 1 Mio. Einkommen werden 285.- pro Monat mehr leisten (gleiche Summe für Arbeitgeber). Die ALV kann aufgrund der so erweiterten Solidarität mit 79 Mio. Franken Mehreinnahmen pro Jahr rechnen. Heute liegen die Schulden der ALV bei 5,4 Mia. Franken. Wenn es gelingt, die Arbeitslosigkeit bei 3,2 % zu halten, dann werden die ALV-Schulden in 10 Jahren abbezahlt sein. Die Superreichen werden dann auch ein bisschen dazu beigetragen haben.

Und ein Letztes: Auf die Anregung von Ständerat Rechsteiner, dass der Beschluss „möglichst rasch auch real Gesetz wird“, meinte der Volkswirtschaftsminister: „Sobald wir die Entscheidungen haben, wird umgesetzt.“

Zuständig beim SGB

Daniel Lampart

Sekretariatsleiter und Chefökonom

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