Mit der Vorlage Managed Care steht im Nationalrat eine wichtige Teilrevision der Krankenpflegeversicherung zur Debatte. Managed Care heisst: Leistungserbringer wie HausärztInnen, SepzialistInnen aber auch PhysiotherapeutInnen schliessen sich zu integrierten Versorgungsnetzwerken (Managed Care) zusammen. Mit diesen integrierten Versorgungsnetzwerken soll die Behandlung kranker Menschen besser koordiniert und gesteuert werden. Doppelspurigkeiten etwa sollen beseitigt werden. Managed Care soll die medizinischen Kosten mehr lenken und deren Zunahme dämpfen.
Der SGB spricht sich klar für die Förderung der integrierten Versorgung aus. Doch die Revision, wie sie die vorberatende parlamentarische Kommission beantragt, hat mehrere folgenschwere Mängel. Der erste: Neu droht den Versicherten, die sich nicht für ein integriertes Netz entscheiden, sondern die sich die bisherige freie Arztwahl erhalten wollen, ein auf 20 % verdoppelter Selbstbehalt. Viele werden sich eine solche Ausgabe nicht leisten können. Sie werden deshalb lediglich unter Zwang in Managed Care wechseln - und da allenfalls einen klaren Abstrich an medizinischer Versorgungsqualität hinnehmen müssen. Denn – und hier liegt Konstruktionsfehler Nr. 2 – die Vorlage verleiht den Kassen die Kompetenz, selbst zu entscheiden, welche integrierte Netzen sie unter Vertrag nehmen wollen. Diese Mängellogik führt damit direkt in die Zweiklassenmedizin. In Kürzestform: Wer sich den verdoppelten Selbstbehalt nicht leisten kann, wird einer von den Kassen allein diktierten Arztwahl ausgeliefert sein.
Das geht nicht. Die aufgegleiste Managed Care-Vorlage ist keine echte integrierte Versorgung. Die Vorlage ist vielmehr geeignet, die integrierte Versorgung als „Billigmedizin“ zu diskreditieren. Das Parlament muss deshalb dringend nachbessern! Die Delegiertenversammlung des SGB hat am 17. Mai dazu in einer Resolution folgende Forderungen erhoben:
„Nein zur Zweiklassenmedizin: Der auf 20 % verdoppelte Selbstbehalt bittet die Versicherten massiv zur Kasse. Statt 700 Franken im Jahr beträgt die Kostenbeteiligung 1'400 Franken, dazu kommt die Franchise von 300 Franken/Jahr. Der Beitritt zur integrierten Versorgung wird so für viele Versicherte nicht freiwillig sein. Finanzielle Gründe werden sie dazu „zwingen“. Wir lehnen diese Zweiklassenmedizin ab.
Nein zum Kassendiktat: Die Kassen bestimmen, mit welchen integrierten Versorgungsnetzen und zu welchen Bedingungen sie einen Vertrag abschliessen. Es gibt keine Pflicht der Kassen, alle integrierten Versorgungsnetze unter Vertrag zu nehmen. Somit werden Versicherte einer von den Kassen allein diktierten Arztwahl ausgeliefert. Wir wollen weiterhin Vertragspflicht statt Kassendiktat.
Nein zu Knebelverträgen: Die Versicherten werden von den Kassen mit Verträgen von einer Laufzeit von bis zu drei Jahren an integrierte Versorgungsnetze gebunden. Die Kasse und die Versicherungsform können vor Ablauf der Vertragsdauer nur gegen Bezahlung einer vertraglich vereinbarten Austrittsprämie gewechselt werden. Die Kassen haben freie Hand, diese Austrittsprämie in beliebiger Höhe anzusetzen. Solche Knebelverträge lehnen wir ab.“
Der SGB stellt somit die folgenden konkreten Forderungen an das Parlament:
- Selbstbehalt beschränken und maximalen Selbstbehalt von 700 Franken/Jahr im Gesetz verankern;
- Vertragspflicht der Kassen mit allen anerkannten integrierten Versorgungsnetzen beibehalten;
- Austrittsprämien und Knebelverträge eliminieren.
Ausserdem in der Sessionsvorschau: Ausschaffungsinitiative und 11. AHV-Revision.