Nationalbankgewinne in die AHV: Erklärungen zu einer ökonomisch sinnvollen und nötigen Massnahme

  • AHV
  • Geld und Währung
Blog Daniel Lampart

Der SGB hat heute die Lancierung einer Volksinitiative beschlossen, mit der ein Teil der Nationalbank-Gewinne in die AHV transferiert werden soll. Wenn man über die Nationalbank spricht geht es schnell um Billionen - also um eine Million Millionen. Diese Masseinheit kannten wir bisher aus der Astronomie – das nächste Sonnensystem Alpha centauri ist rund 40 Billionen Kilometer oder 4.2 Lichtjahre von uns entfernt. Ökonominnen und Ökonomen kennen Billionen vom Bruttoinlandprodukt der USA, das rund 22 Billionen Dollar beträgt. Offenbar bestehen wir auch aus 30 Billionen Zellen und tragen ebenso viele Bakterien in uns.

Für die Schweiz reichte es bis vor kurzem, in Milliarden – also in 1000 Millionen - zu denken. So beispielsweise für unser Bruttoinlandprodukt, das etwas mehr als 700 Milliarden Franken beträgt. Doch wegen der Politik der Nationalbank müssen wir etwas umdenken. Denn seit dem letzten Jahr gehört auch unsere Nationalbank zu den Billionären. Sie besitzt mittlerweile Devisenanlagen und Gold im Wert von mehr als 1 Billion Franken. Warum das?

Man kann es relativ einfach sagen: Einer der grössten Exportschlager der Schweiz in den letzten 10 Jahren war der Franken. Die ganze Welt wollte Franken kaufen - wegen den Unsicherheiten in der Eurozone, aber auch wegen der teilweise ungeschickten Kommunikation der Nationalbank, die damit zur Spekulation einlud. Weil alle Franken wollten, begann sich der Franken aufzuwerten.

Um diese Aufwertung zu stoppen, produzierte die Nationalbank so viele Franken wie noch nie und verkaufte den Anlegern aus aller Welt diese Franken gegen Euro und Dollar. Und machte erst noch Gewinne damit.

Die Grössenordnung dieser Frankenverkäufe ist astronomisch. Vor der Finanzkrise hatte die Nationalbank ungefähr 100 Milliarden Franken. Heute sind es zehn Mal mehr. Die Nationalbank hat somit in den letzten Jahren rund 900 Milliarden Franken produziert und gegen Euro oder Dollar getauscht. Als Frankenexporteurin schlägt sie damit sogar die Schweizer Pharmafirmen. Die Schweizer Pharmamultis exportierten nämlich etwas weniger Medikamente ins Ausland wie die Nationalbank Franken verkaufte. Und so wie die Medikamentenverkäufe die Kassen der Pharmafirmen füllten, machte die Nationalbank Gewinne auf ihren Fremdwährungen. Insgesamt beliefen sich die Gewinne der letzten 10 Jahre auf rund 170 Mrd. Fr. Die Kasse der SNB hat zwar nicht ganz so toll geklingelt wie diejenige der Pharma. Aber eine jährliche Rendite auf den Anlagen von 2.2 Prozent ist auch ganz beachtlich.

Doch wem gehört dieser Gewinn der Nationalbank? Grundsätzlich natürlich der ganzen Bevölkerung. Denn die Nationalbank macht die Geldpolitik für das ganze Land. In der Verfassung und in den Gesetzen steht, dass die Kantone zwei Drittel und der Bund ein Drittel erhalten sollen. Diese Gewinnverteilung an Bund und Kantone hat eine Geschichte. Denn die Kantone und die Kantonalbanken mussten im Jahre 1905 das nationale Monopol für die Notenausgabe an die Nationalbank abtreten. Damit konnten sie auch keine Gewinne mehr mit der Notenausgabe machen, was ihnen natürlich überhaupt nicht gefiel. Sie setzten durch, dass sie künftig zwei Drittel der Nationalbankgewinne erhalten (Link, S. 29).

In den «normalen» Jahren vor der Finanzkrise betrug der Gewinn der SNB aus dem Notenmonopol ungefähr 2 Mrd. Fr. pro Jahr. Die Gewinnausschüttungen lagen somit lange zwischen 1 und 2 Mrd. Fr.  

Doch mit der Geldpolitik seit der Finanzkrise ist alles anders. Mit dem zehn Mal höheren Nationalbank-Vermögen von 1 Billion in Euro, Dollar, Gold usw. sind ganz andere Erträge möglich. Die Nationalbank kann Jahr für Jahr ungefähr 8 bis 10 Mrd. Fr. Gewinn machen (nach Rückstellungen der SNB).

Bund und Kantone wussten: Diese hohen Gewinne werden dazu führen, dass man in der Schweiz darüber nachdenken wird, dass auch die AHV einen Teil davon erhalten sollte. Denn die Altersvorsorge spürt die Tiefzinsen und die Frankenaufwertung stark. Pensionskassen und AHV-Fonds erwirtschaften weniger Rendite, wenn die Zinsen tief sind. Die Pensionskassenrenten sinken sogar bereits seit mehreren Jahren. Doch anstatt einen Vorschlag zu machen, wie die AHV Geld von der Nationalbank erhält, sind Bund und Kantone vorgeprescht und haben sich neu 6 Milliarden Nationalbank-Gewinn gesichert – anstelle der früheren 1 bis 2 Milliarden. Obwohl sie von den tiefen Zinsen bzw. den Negativzinsen der letzten Jahre sogar profitiert haben. Wenn die Zinsen tief sind, müssen sie weniger für ihre Obligationen zahlen. Der Zinsaufwand von Bund und Kantonen ist heute weniger als halb so hoch wie vor 10 Jahren. Er ging von 4 auf 1.6 Mrd. Fr. zurück. Die Statistiken zeigen, dass Bund und Kantone inzwischen sogar mehr Vermögen als Schulden haben.

Die Auseinandersetzungen über die Nationalbankgewinne sind nicht neu. Wenn es ausserordentliche Gewinne gab, erhielt die AHV nach grossen politischen Auseinandersetzungen schliesslich auch einen Anteil. Um die Jahrtausendwende verkaufte die Nationalbank überschüssiges Gold, das sie nicht mehr für die Geldpolitik brauchte. Nach einer längeren Auseinandersetzung einigte man sich schliesslich darauf, dass die AHV 7 Mrd. Fr. erhielt.

Daran schliesst unsere Initiative an. Die ausserordentliche Geldpolitik der letzten Jahre hat zu einer Situation geführt, die sich stark von der traditionellen Geld- und Ausschüttungspolitik unterscheidet. Wegen dem Franken als Exportschlager macht die Nationalbank viel grössere Gewinne. Und von diesen Milliardengewinnen soll die AHV wie bereits früher einen Teil erhalten. Gabriela Medici wird das noch im Detail ausführen.

Die Nationalbank, gewisse Kantone oder Economiesuisse reagieren etwas gestresst auf unseren Initiativvorschlag. Sie behaupten, dass eine Ausschüttung von Nationalbank-Gewinnen an die AHV die Unabhängigkeit der Nationalbank und damit die Geldpolitik gefährden würde. Doch das ist ziemlich absurd. Heute schüttet die Nationalbank 6 Mrd. Fr. pro Jahr aus. Das sind 6/1000 ihres Vermögens bzw. der Aktiven. Wenn sie nach der Annahme unserer Initiative 8 oder 10 Mrd. Fr. ausschüttet, wären das dann 8 oder 10/1000 des Vermögens. Der Unterschied zu heute ist ausgesprochen klein und wird keinen Einfluss auf die Geldpolitik der Nationalbank haben.

Leider haben diese Warnungen Tradition. Die Nationalbank und die Kantone legten sich in der Vergangenheit immer quer, wenn es darum ging, die AHV an den SNB-Gewinnen zu beteiligen. Doch diese Grundsatzopposition kann die Tatsache nicht aus der Welt schaffen, dass die Nationalbank auf Milliardengewinnen sitzt, die ausgeschüttet werden müssen und ausgeschüttet werden können. In der Vergangenheit hat sich am Schluss die Bevölkerung und die Politik durchgesetzt und sich für eine Beteiligung der AHV ausgesprochen. Darum lancieren wird unsere Initiative. Und darum wird die AHV schlussendlich auch an den Nationalbank-Gewinnen beteiligt werden.

 

 

Zuständig beim SGB

Gabriela Medici

stv. Sekretariatsleiterin

031 377 01 13

gabriela.medici(at)sgb.ch
Gabriela Medici
Top