Managed Care-Vorlage: Mogelpackung - Bedürfnisse der Patienten an letzter Stelle

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Verfasst durch Katharina Prelicz-Huber, Präsidentin VPOD

Die Managed Care-Vorlage ist eine gefährliche Mogelpackung und zementiert die Zweiklassenmedizin. Sie entpuppt sich bei näherer Betrachtung als Vorwand, um die Steuerung des Gesundheitswesens nach ökonomischen Interessen umzukrempeln. Zu Recht erwächst der Vorlage in der Bevölkerung und von Seiten vieler Verbände und Organisationen eine breite Opposition.

Die Gründe für ein Nein sind vielfältig

Die Solidar-Vertragspflicht wird aufgehoben. Das führt zu einem Diktat der Krankenkassen, welche die Steuerung der Gesundheitsversorgung übernehmen. Sie können den Versorgungsnetzen – in notabene geheimen Verträgen – ihre Bedingungen diktieren und Netzwerke nach Belieben ausboten. Davon sind auch Spitäler, Heime, Spitex und Kliniken betroffen, die sich direkt oder indirekt den Netzen anschliessen müssen. Denn diese müssen die gesamte Versorgung nach KVG anbieten.

Die Managed-Care-Netze müssen (von Kassen vorgegebene) Budgetziele einhalten. Ein möglicher Gewinn, aber auch ein Verlust trägt das Netz hälftig mit. Das schafft Anreize, nur noch auf minimale Untersuchungen und Therapien zu setzen und den PatientInnen die für sie optimal gesundheitsfördernden aber teureren Verfahren vorzuenthalten. Für das Gesundheitspersonal bedeutet dies enormen ethischen Stress: Auf ihm lastet der moralische Druck, Ökonomie stärker zu gewichten als die Bedürfnisse der PatientInnen. Durch den Kostendruck auf die Netzwerke wird beim Personal und ihren Arbeitsbedingungen gespart – in den Praxen, in den Spitälern und in den Heimen. Damit sinkt die Versorgungsqualität für die PatientInnen.

Die PatientInnen sollen mit dreijährigen Knebelverträgen an ihre Krankenkasse und an das von ihnen gewählte Modell gebunden werden. Wer vor Vertragsablauf die Kasse und das Netz wechseln will, muss eine hohe Austrittsprämie zahlen.

Das Gesundheitswesen der USA mit seinen weit verbreiteten MC-Netzen zeigt es, Bürokratie, Streitigkeiten (vor Gerichten) und administrative Kosten nehmen massiv zu.

Wer keinem Netz beitreten will oder kann (wegen unzureichender regionaler Abdeckung), soll neu bis zu 1’000 Franken pro Jahr Selbstbehalt entrichten – zusätzlich zur Franchise von mindestens 300 Franken und zu den ständig steigenden Krankenkassenprämien. Wer sich das nicht leisten kann, hat keine freie Arzt- und Spitalwahl mehr.

Da auch Heime und Spitäler in Netze eingebunden werden, wird nicht nur die freie Arzt-, sondern auch die freie Wahl von Spitälern und Heimen aufgehoben.

3 Beispiele

Die langjährige Hausärztin von Frau H. wechselt das MC-Netz. Die Kasse von Frau H. hat aber keinen Vertrag mit dem neuen MC-Netz. Frau H. muss entweder eine hohe Austrittsprämie zahlen oder den Verlust ihre Hausärztin verkraften.

Herr W. wird zum Pflegefall. Sein MC-Netz hat nur Verträge mit Heimen, die weit weg von seinem Wohnort, seiner Familie und seinen Bekannten sind. Herr W. muss in ein Netzwerk-Heim oder eine teure Austrittsprämie zahlen.

Frau S. muss jedes Mal, wenn ihr die teuren Krebsmedikamente verschrieben werden, einen Tag im Spital verbringen. Denn bei stationären Fällen zahlt der Kanton mit und das Budget des Netzwerks ist entlastet.

Integrierte Versorgung ist wichtig. Deshalb brauchen wir eine neue Vorlage mit freier Wahl des Netzes und damit des/r ÄrztIn, ohne Knebelverträge, mit Vertragspflicht der Krankenkassen und ohne Budgetmitverantwortung, sondern mit einer Stärkung der Professionalität. Damit wir eine integrierte Versorgung im Interesse der Versicherten bekommen, muss die aktuelle MC-Mogelpackung wuchtig verworfen werden!

Zuständig beim SGB

Reto Wyss

Zentralsekretär

031 377 01 11

reto.wyss(at)sgb.ch
Reto Wyss
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