Die Volksinitiative „Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache“ will, dass die obligatorische Krankenpflegeversicherung die Kosten eines Schwangerschaftsabbruchs nicht mehr übernimmt. Weil die Initianten keine Chance sehen, die Abtreibung wie in alten Zeiten wieder zu verbieten, begnügen sie sich mit einem solchen Rumpfprogramm: Irgendwie – und sei es nur bei den Finanzen – soll bestraft werden, wer abtreibt.
Der politische Kampf um die Fristenregelung hat 30 Jahre gedauert. Er war heftig. Erst im Jahr 2002 ist die geltende Fristenregelung eingeführt worden. Sie erlaubt in den ersten 12 Wochen nach der letzten Periode eine straffreie Abtreibung. Diese Lösung hat sich bewährt. Das zeigt sich schon nur daran, dass seither die Zahl der Abtreibungen in der Schweiz zurückgegangen ist.
Die Kosten einer solchen Abtreibung übernimmt die obligatorische Krankenpflegeversicherung. Genau diese Bestimmung wollen nun die Initianten streichen. Eigentlich meinen sie ja den Esel, sie schlagen aber den Sack. Sie wissen, dass eine Rückkehr zu den alten Zeiten, als Abtreibung noch strafbar war, keine Chance hat. Deshalb begnügen sie sich mit einem Ersatz. Die Kosten sollen von den Abtreibenden selbst übernommen werden. Das ist unlauter und benachteiligt die Frauen. Die Argumentation mit dem „Privaten“ hat zudem eine gefährliche modellbildende Wirkung. Wenn eine Abtreibung Privatsache sein und deshalb auch privat bezahlt werden soll, dann dauert es nur ein paar Schritte, bis die Solidarität in der Krankenversicherung weitgehend ausradiert ist. Wer sich medizinisch behandeln muss wegen durch Alkohol verursachter Probleme – Privatsache, selber bezahlen! Wer ein Geschwür behandelt, verursacht durch zu viel Stress – Privatsache, selber bezahlen! Wer wegen zuviel Sport Knieprobleme kurieren will – Privatsache, selber bezahlen! Die Reihe lässt sich beliebig verlängern. Und am Schluss sind mehr als die Hälfte aller medizinischen Behandlungen privat verursacht – und selber zu bezahlen.
Fakt ist: Die Kosten für Schwangerschaftsabbrüche betragen weniger als 0,03 Prozent der Gesundheitskosten. Dafür sind die alten Zeiten der Engelsmacherinnen vorbei. Darüber sind wir glücklich. Diesen wieder eine Chance zu geben in den unterprivilegierten Schichten kommt nicht in Frage!
Und ein letztes Wort zu den Initianten. Sie sind dauernd präsent mit Volksinitiativen gleichen Kalibers. Letzten November sind die gleichen Kreise mit der Familieninitiative gescheitert. Im Dezember 2013 reichten sie die Volksinitiative gegen Sexualkunde in Kindergarten und Primarschule ein. Und dann lancierten sie vor kurzem eine neue Anti-Abtreibungs-Initiative. Ein klares Nein ist schon nur darum notwendig, dass wir nicht Jahr für Jahr zum gleichen Thema an die Urne gerufen werden.
Fazit also: ein klares Nein zu einem Vorschlag, der, weil das Verbot der Abtreibung nicht durchsetzbar ist, die Frauen wenigstens finanziell abstrafen will.
Weitere Informationen: www.nein-angriff-fristenregelung.ch