Immer noch dicke Kröten

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Verfasst durch Doris Bianchi

IV-Revision 6b immer noch in Differenzbereinigung

Das zweite Massnahmenpaket der 6. IV Revision befindet sich im Differenzbereinigungsverfahren. Nachdem der Nationalrat in der Wintersession 2012 als Zweitrat Augenmass hatte walten lassen und den Vorschlägen des Bundesrates und des Erstrates in wesentlichen Punkten nicht gefolgt war, hielt nun der Ständerat in der Frühjahrsession an einem grossen Teil seiner ursprünglichen Leistungskürzungen fest.

Immerhin: der Ständerat hat der positiven finanziellen Entwicklung der IV Rechnung getragen. Deshalb ist er den Vorschlägen des Nationalrats gefolgt und hat die Aufteilung der Vorlage beschlossen. Die umstrittene Kürzung der Kinderrenten und die Reduktion der Reisekostenbeiträge werden aus der 6. IV-Revision ausgegliedert.

Volle Rente ab 70 oder 80%?

Mit der Teilung der Vorlage möchte der Ständerat das neue, lineare Rentensystem durchbringen. Während der Nationalrat eine volle IV-Rente ab einem Invaliditätsgrad von 70% vorsehen wollte, hielt der Ständerat an der ursprünglichen, strengeren Zusprechung fest: Eine volle IV-Rente sollen nur Invalide mit einem Invaliditätsgrad von über 80 % erhalten. Damit bestraft der Ständerat die künftigen Schwerbehinderten mit einem Invaliditätsgrad von 60 bis 79 %. Diese müssten eine Renteneinbusse von 30 % hinnehmen. Die Aussichten auf eine Resterwerbstätigkeit sind praktisch bei null. Diese Renteneinbusse werden letztlich häufig die Ergänzungsleistungen ausgleichen müssen.

Nach dem Willen des Ständerates soll das neue Rentensystem erst auf die Neurenten angewendet werden. Die Anwendung auch auf bestehende Renten, wie es der Nationalrat will, würde zur Kürzung von laufenden Renten führen und auch in der beruflichen Vorsorge Probleme aufwerfen.

Automatische Rentenkürzungen sind inakzeptabel

Der Ständerat beharrt zudem auf einen Interventionsmechanismus bei der IV. Der Nationalrat hatte mit einer Mehrheit von SP und SVP den Interventionsmechanismus abgelehnt. Die SVP tat dies wegen der daran gekoppelten Lohnbeitragserhöhung. Unter dem Begriff Interventionsmechanismus verbergen sich dauerhafte automatische Rentenkürzungen. Die ohnehin schon tiefen IV-Renten sollen bei sinkenden IV-Einnahmen gekürzt werden, indem keine Rentenanpassung an den AHV-Mischindex mehr gewährt wird. Das ist eine inakzeptable Rentenverschlechterung. Aber es steht noch mehr auf dem Spiel. Die automatischen Rentenkürzungen bei der IV sind der Testlauf für die AHV. Die bürgerlichen Parteien und die Arbeitgeberverbände fordern mit Nachdruck eine Schuldenbremse für die AHV. Die Entscheide bei der IV spuren daher die Inhalte der Reform Altersvorsorge 2020 vor.

Die Vorlage geht zurück an den Nationalrat. Für die Behindertenverbände zeichnet sich ein Referendum ab, falls die volle IV-Rente erst bei IV-Grad 80% gewährt würde.

Zuständig beim SGB

Gabriela Medici

stv. Sekretariatsleiterin

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Gabriela Medici
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