Zum ersten Mal seit Einführung der Berechnungsregel für die sogenannte „legal quote“ war im 2008 der „Sparprozess“, der die Altersrenten umfasst, mit einem Saldo von -2'574 Mio. Franken negativ. Der Ertrag der Kapitalanlagen reichte also im 2008 auch bei den Versicherern nicht aus, um die Verzinsung der Altersguthaben und der Rentendeckungskapitalien zu finanzieren. Das ist grundsätzlich nicht erstaunlich, denn das Anlagejahr 2008 war katastrophal, für die Versicherer wie für die Pensionskassen. Bei genauem Hinschauen stellt man dann allerdings fest, dass 62 % dieses Verlustes, nämlich 1’619 Mio. Franken, von der Swisslife verursacht worden ist, obwohl diese nur 30 % des gesamten Versichertenbestandes der Versicherer hält. Der Verlust kann also nicht nur einfach den Finanzmärkten angelastet werden, sondern ist auch auf miserables Wirtschaften zurückzuführen. In den Vorjahren hatten die Lebensversicherer auch bei den Altersrenten positive Resultate erzielt – was sie jedoch nicht daran hindert, eine Senkung des Umwandlungssatzes zu fordern.
Resultate Alterssparen (in Mio. Franken)
2005 | 2006 | 2007 | 2008 | |
---|---|---|---|---|
Saldo „Sparprozess“ | 997.7 | 1'138.5 | 823.5 | - 2'574.5 |
Verwaltungskosten: Viel höher, als die Versicherer behaupten!
Laut der Propaganda-Abteilung der Lebensversicherer, der Finma, beliefen sich Verwaltungskosten auf 1'011 Mio. Franken, was 469 Franken pro Kopf ausmache. Die Finma und die Versicherer mischen hier aber Kraut und Rüben, um die Höhe der Kosten zu vernebeln: Neben 1.64 Mio. aktiven Versicherten und 207'715 RentnerInnen verwalten die Versicherer nämlich auch noch 306'571 Freizügigkeitspolicen. Die Verwaltung von Freizügigkeitspolicen verursacht nur sehr geringe Kosten, wenn man sie effizient organisiert, wesentlich geringere, als die technische Verwaltung von Versicherten. In der Publikation der Finma werden jedoch die Gesamtkosten einfach auf sämtliche Destinatäre inkl. Inhaber von Freizügigkeitspolicen verteilt, was zu verzerrten Resultaten führen muss. Nimmt man nun für die Verwaltung der Freizügigkeitspolicen Kosten von 20 Franken pro Jahr und Police an, dann belaufen sich die Verwaltungskosten für die eigentliche berufliche Vorsorge auf 543 Franken pro Kopf! Vergleicht man dies nun mit den Zahlen aus der Pensionskassenstatistik (2007), dann stellt man fest, dass die Kosten für die technische Verwaltung der Pensionskassen insgesamt 784 Mio. für total 4.45 Mio. Destinatäre (3.54 Mio. aktive Versicherte und 0.9 Mio. RentenbezügerInnen) oder 176 Franken pro Destinatär betrugen. Bei den Lebensversicherern sind die Verwaltungskosten pro Destinatär also dreimal so hoch wie bei den autonomen Pensionskassen! Dabei ist allerdings auch noch zu berücksichtigen, dass bei den Versicherten in den Sammeleinrichtungen der Lebensversicherer und bei anderen voll rückversicherten Einrichtungen auch noch die auf Stiftungsebene anfallenden Kosten dazu kommen. Diese Kosten lassen sich leider nicht genau eruieren. Sicher ist aber, dass die gesamten Verwaltungskosten pro Kopf 600 bis 700 Franken betragen. Das ist aber noch nicht alles, denn zu den Verwaltungskosten kommen noch jene der Vermögensverwaltung hinzu. Diese betrugen 287 Mio Franken. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Versicherer sehr grosse Bestände von Versicherten verwalten (pro Versicherer zwischen 20'000 und 527'000 aktive Versicherte und RentnerInnen). Diese Bestände sind weit grösser als bei den allermeisten autonomen Pensionskassen. Das Rationalisierungspotential bei den Versicherern wäre also sehr gross, wird aber offensichtlich von diesen nicht genutzt. Solange die Versicherer ihre horrenden Kostenprämien in der Risikoprämie (d.h. der Prämie für die Invaliditäts- und Hinterlassenenleistungen) verstecken dürfen, werden diese Kosten aber auf Ebene des einzelnen Versicherten und Arbeitgebers nicht sichtbar und es kommt kein Druck zustande. Auch die Aufsichtsbehörde Finma tut nichts dagegen: sie begnügt sich damit, die Versicherungsnehmerinnen zu einem kostensparenden Verhalten aufzurufen….
Grenzenlose Abzockerei bei den Prämien für Tod und Invalidität
Noch interessanter wird es, wenn man den sog. Risikoprozess betrachtet. Hier geht es um die Leistungen bei Tod (Hinterlassenenrenten) und Invalidität. Die Kosten beliefen sich auf 1'281 Mio. Franken, die Einnahmen aber auf 2'950 Mio. Die Versicherer haben den Arbeitgebern und Arbeitnehmern also Prämien abgeknöpft, die mehr als doppelt so hoch waren als die Kosten! Dieses üble Spiel läuft nun schon seit Jahren, wie in der untenstehenden Tabelle ersichtlich. Besonders grosse Abzocker im 2008 waren die Zürich und die Axa Winterthur, bei denen die Risikoprämie das Dreifache resp. gar das Vierfache der Risikokosten betrug! Wie die nachstehende Tabelle zeigt, ist die Abzockerei der Versicherer im Laufe der Zeit immer schlimmer geworden. Den Arbeitgebern und Versicherten haben die Versicherer immer erzählt, die Risikoprämien seien so hoch wegen der hohen Invalidität. Aber offensichtlich geht es um ganz anderes.
Resultate Risikoprozess (in Mio. Franken)
2005 | 2006 | 2007 | 2008 | |
---|---|---|---|---|
Saldo „Riskoprozess“ | 1'155.6 | 1'444.1 | 1'543.1 | 1'669.1 |
Ertrag Risikoprämien in % der Risikokosten | 164.5 % | 190.7 % | 201.6 % | 230.2 % |
Für Verluste verantwortlich: Swisslife – die übrigen Versicherer haben Profit gemacht
Der Saldo aus Alters-, Kosten- und Risikoprozess, genannt „Bruttoergebnis der Betriebsrechnung“, betrug - 1'073 Mio. und war somit erstmals seit der neuen Regelung (2005) negativ. Dieses negative Ergebnis ist nur auf die Swisslife zurückzuführen, bei der diese Zahl - 1'264 Mio. betrug. Zu diesem Bruttoergebnis wurden nun die Auflösung resp. Verstärkung von diversen Rückstellungen und Reserven addiert bzw. abgezogen. Das „Zwischenergebnis“ nach diesem Prozedere betrug – 472 Mio. Insgesamt haben die Versicherer anschliessend 434 Mio. an ihre Überschussfonds „zugewiesen“ – was leider nicht heisst, dass dieses Geld dann auch wirklich irgendwann bei den Versicherten ankommen wird (siehe weiter unten). Die Swisslife und die Basler haben für das der Mindestquote unterstellte BVG-Geschäft im 2008 dem Überschussfonds allerdings gar kein Geld zugewiesen. Nach Zuweisung an die Überschussfonds betrug das sog. „Nettoergebnis der Betriebsrechnung“ für alle Versicherer - 906 Mio. Bei vielen Versicherern war dieses Nettoergebnis aber positiv bzw. eine „schwarze Null“. Für das schlechte Gesamt-Nettoergebnis zeichnete nämlich wiederum die Swisslife verantwortlich: Ihr „Nettoergebnis“ belief sich auf – 1'082 Mio. Ohne sie beträgt das „Zwischenergebnis“ nämlich 610 Mio. Selbst nach Zuweisung an den Überschussfonds haben die übrigen Lebensversicherer noch Geld verdient, wenn auch nicht mehr so viel wie in den Vorjahren (176 Mio.).
Keine Überschüsse ohne überrissene Risikoprämien – Versicherer tragen Verluste nicht selber
Die schamlos überrissenen Risikoprämien sind zentral im Spiel der Lebensversicherer: In guten Jahren hätte es ohne diese Abzockerei praktisch keinen Gewinn für die Versicherer gegeben oder keine Zuweisung an die Überschussfonds. Es gibt also gar keine echten Überschüsse. Die Versicherten und die Arbeitgeber bezahlen ihre „Überschussanteile“ vollumfänglich selbst, mittels überrissenen Risikoprämien. In schlechten Jahren dienen diese Prämien dazu, die Verluste in der Betriebsrechnung zu decken. Die Versicherer behaupten zwar immer, sie gäben Garantien und sie trügen die Verluste, womit sie auch ihre Gewinne in den guten Jahren rechtfertigen. Fakt ist aber: In den schlechten Jahren werden die Gewinne aus der Risikoprämie eingesetzt, um die Verluste der Betriebsrechnung zu decken. Die Versicherer tragen also die Verluste weitgehend nicht selbst, sondern belasten sie den beitragszahlenden Versicherten und Arbeitgebern.
Resultate Betriebsrechnung (in Mio. Franken)
2005 | 2006 | 2007 | 2008* | |
---|---|---|---|---|
Saldo Altersprozess | 997.7 | 1 138.5 | 823.5 | -2 574.5 |
Saldo Kostenprozess | -200.2 | -240.3 | -186.1 | -168.2 |
Saldo Risikoprozess | 1 155.6 | 1 444.1 | 1 543.1 | 1 669.1 |
Bruttoergebnis | 1 952 | 2 342 | 2 181 | -1 073 |
Zwischenergebnis | 1 295 | 1 565 | 1 950 | - 472 |
Zuteilung an Überschussfonds | 695 | 869 | 1 257 | 434 |
Gewinn Versicherer | 600 | 696 | 693 | -906 |
Bruttoergebnis ohne Abzockerei bei Risikoprämien | 797 | 898 | 637.9 | -1 842.1 |
* Zahlen verzerrt durch die miserablen Resultate der Swisslife
Diese Feststellungen führen zu Fragen an die Aufsichtsbehörde Finma, die die Tarife der Versicherer für das BVG-Geschäft genehmigt. Laut Art. 38 Abs. 3 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) muss die Finma prüfen, ob die Prämien den Schutz der Versicherten vor Missbrauch gewährleisten. Wenn Prämien mehr als doppelt so hoch sind wie die Kosten, teilweise sogar viermal so hoch, dann sind sie weder risiko- noch kostengerecht, und es liegt ein klarer Fall von Missbrauch gegenüber den Versicherten vor. Eine solche Abzockerei ist niemals zu rechtfertigen. Wieso genehmigt die Finma diese Prämientarife dennoch?
Geld im Überschussfonds gehört nicht den Versicherern, sondern gilt als Eigenkapital der Versicherer
Die Überschussfonds wurden im 2008 mit 433.5 Mio. Fr. gespiesen, daraus entnommen und den rückversicherten Vorsorgeeinrichtungen ausbezahlt wurden 943 Mio. Franken. Ende 2008 lagen insgesamt 1'262 Mio. Franken in diesen Fonds. Wieviel dieser Mittel die Versicherer auszahlen müssen bzw. dürfen, ist aufsichtsrechtlich geregelt. Diese Überschussfonds haben es in sich. Sie sind, zusammen mit den missbräuchlich hohen Risikoprämien und einer extrem einseitigen und gesetzeswidrigen Verteilungsregel, ein zentrales Element des ausgeklügelten und für Nicht-Insider praktisch nicht durchschaubaren Abzockspiels der Lebensversicherer. Das geht so: Die „Überschussanteile“ werden mit grossem Tamtam den Überschussfonds zugewiesen. 90 % des gesamten Ertrags müssen die Lebensversicherer „zugunsten“ der Vorsorgenehmern (also den bei ihnen versicherten Vorsorgeeinrichtungen) „verwenden“. Für die Versicherten „verwendet“ gelten alle vom Versicherer getätigten Ausgaben – also z.B. auch Provisionen an Broker, die angeschlossene Firmen hin- und her verschieben, oder die Marketingausgaben der Versicherer. Dank den „Zuweisungen“ an den Überschussfonds können die Versicherer behaupten, sie hätten diesen sogar mehr als 90 %, nämlich z.B. 94 % oder 95 %, zugeteilt. In Wirklichkeit aber ist das Geld, das in diesen Überschussfonds liegt, den Vorsorgenehmern „nicht vertraglich geschuldet“. Nur das, was letztlich aus dem Fonds ausgeschüttet worden ist, gehört den Versicherungsnehmern. Das Geld im Überschussfonds gilt im Gegenteil als Teil der „Eigenmittel“ der Lebensversicherer (= Eigenkapital im Versicherungsjargon) und ermöglicht diesen somit, selbst weniger Eigenkapital zur Verfügung stellen zu müssen. Das hat zur Folge, dass der Gewinn auf dem verbleibenden, durch die Lebensversicherer selbst zu stellenden Eigenkapital prozentual umso höher wird. Oben haben wir aufgezeigt, dass die Lebensversicherer Verluste zuerst mithilfe der missbräuchlich hohen Risikoprämien decken. Bei grossen Verlusten dürfen sich die Versicherer aber auch an diesen Überschussfonds schadlos halten, bevor sie mit ihrem von den Aktionären gestellten Eigenkapital dafür gerade stehen müssen. Im Jargon der Finma heisst das „dem Überschussfonds zur Deckung eines Betriebsdefizits entnommen“. Konkret hätte die Swisslife im 2008 den Überschussfonds leeren dürfen. Sie hat es nicht getan, sondern den Verlust, der nach dem Aufbrauchen des Saldos aus den Risikoprämien (351 Mio. Franken) übrigblieb, ingesamt über eine Milliarde Franken, selbst getragen. Vermutlich hat sie aus Reputationsgründen so gehandelt. Sie hat sich also „nur“ bei den überrissenen Risikoprämien bedient, um ihre Verluste zu reduzieren. Sie hätte darüber hinaus aber auch den ganzen Überschussfonds von über einer halben Milliarde Franken plündern und so die Aktionäre entlasten dürfen.
Absurde und gesetzeswidrige „Mindestquote“
Dass die „legal quote“ oder „Mindestquote“, so wie der Bundesrat und der Finma sie anwenden, gesetzeswidrig ist, haben wir schon mehrfach dargelegt. Das Gesetz spricht von „Überschüssen“, was nach weltweit gültiger Betrachtungsweise das Ergebnis der Einnahmen minus der Ausgaben ist. Bundesrat und Finma haben jedoch die gesamten Einnahmen als Überschuss deklariert. Die Versicherer haben in dieser Lesart Anspruch auf 10 % der gesamten Einnahmen. Logischerweise verteuert das die Vorsorge um bis zu 11 %. Wie oben dargelegt, dürfen die Versicherer aber ohne weiteres 100 % nehmen und Geld, das im Rahmen der Mindestquote offiziell den Versicherten zugewiesen worden ist, als Eigenkapital behandeln und bei Verlusten aufbrauchen. Dass die Berechnungsweise der legal quote absurd und lächerlich ist, zeigt sich in der Betriebsrechnung 2008 sehr deutlich: Die Axa Winterthur hat einen Gewinn von 136 Mio. Franken gemacht, nach einer Zuweisung an den Überschussfonds von (nur) 10 Mio. Franken. Laut Finma ergibt das eine legal quote von 91.5 %. Die Swisslife hingegen hat (von den Versicherten und Arbeitgebern finanzierte) Rückstellungen im Umfang von 365 Mio. Franken aufgelöst, den Saldo aus den (von den Versicherten und Arbeitgebern finanzierten) Risikoprämien von 351 Mio. Franken aufgefressen, keine Zuweisung an den Überschussfonds gemacht – und hat laut Finma eine Mindestquote von 288 %.
Ein todsicheres Geschäft für die Versicherer, aber ein schlechtes Geschäft für die Versicherten und die Arbeitgeber
Die Versicherer spielen ein gezinktes Spiel. Sie haben das Recht, 10 % aller Einnahmen für sich zu beanspruchen. In guten Jahren machen sie fette Gewinne, die fast ausschliesslich aus den massiv übersetzten Risikoprämien stammen, die sie den Versicherten und Arbeitgebern illegalerweise, aber mit Billigung ihrer Aufsichtsbehörde abknöpfen. Die Gewinne aus den Risikoprämien dürfen sie in schlechten Jahren zur Deckung von Verlusten einsetzen. Die Gelder, die sie offiziell als „Überschussanteil“ den Versicherungsnehmern zugeteilt haben, dürfen sie als Eigenkapital behandeln. Im Verlustfall dürfen sie diese Überschussfonds sogar plündern, bevor sie ihre Aktionäre zur Kasse bitten müssen. Wenn sie nicht ganz so lausig wirtschaften wie die Swisslife, dann gibt es für sie fast immer Gewinne. Wenn nicht, können sie die Verluste den Versicherten und Arbeitgebern belasten. Das BVG-Geschäft können sie dank der Überschussfonds mit „echtem“ Eigenkapital in der Höhe von nur 2 bis 4 % betreiben, womit sie im Schnitt der letzten Jahre Eigenkapitalrenditen von durchschnittlich über 10 % erzielt haben.
Dieses Modell „verkaufen“ die Lebensversicherer mit der Behauptung, sie gäben Garantien. Bei ihnen müssten die Versicherten und die Arbeitgeber keine Sanierungsbeiträge bezahlen. Wer die Risiken wirklich trägt und was die Garantien wert sind, haben wir oben gesehen. Es liegt auch auf der Hand, dass diese Art von Vorsorge auf Dauer deutlich teurer ist als die Vorsorge bei autonomen Vorsorgeeinrichtungen. Aber auch die Behauptung, bei den Versicherern gäbe es nie Sanierungsbeiträge, stimmt nicht. Pensionskassen dürfen Sanierungsmassnahmen erst dann ergreifen, wenn sie in Unterdeckung sind. Laut einem Urteil des Bundesgerichts aus dem Jahr 2004 dürfen die Lebensversicherer aber sogar präventiv Sanierungsbeiträge verlangen, also bevor es überhaupt eine Unterdeckung gibt. Diese Möglichkeit steht ihnen zusätzlich zu den oben aufgeführten Tricks offen. Die Versicherungsgesellschaften müssen also letztlich im BVG-Geschäft überhaupt kein Risiko tragen. Dann ist es aber, jedenfalls in einer obligatorischen Sozialversicherung, auch nicht akzeptabel, dass sie Gewinne machen dürfen!