Höherer Selbstbehalt ohne Angebotspflicht der Kassen = Strafe für Kranke

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Verfasst durch Christina Werder, SGB-Zentralsekretärin

Die Managed Care Vorlage kommt in eine nächste Runde. Am 15. Dezember wird der Ständerat die Vorlage beraten. Eines zeigt sich deutlich. Die Kassenlobby in der ständerätlichen Kommission ist gut vertreten und hat sich einmal mehr durchgesetzt!

Mit der Managed Care-Vorlage soll die integrierte Versorgung gefördert werden. Das ist sinnvoll. Managed Care bedeutet medizinische Versorgung via Netzwerke und verhindert so Parallelbehandlungen. Sie dämpft auf diese Weise das Kostenwachstum, was sich denn auch in den Prämien auswirken sollte. 

Dennoch: damit die integrierte Versorgung zum Tragen kommt, braucht es unter anderem ein flächendeckendes Angebot. Jede Versicherte und jeder Versicherter muss direkten Zugang haben zu einem Managed Care-Modell, was nichts anderes heisst als dass jede Kasse ihren Versicherten solche Angebote machen muss. Und genau dagegen sperren sich die Kassen. 

Kassen auf der Bremse

Der Nationalrat hatte bei seiner Behandlung der Vorlage beschlossen, dass die Kassen mindestens ein Angebot an Managed Care machen müssten. Genau diese Verpflichtung hat die ständerätliche Kommission für soziale Gesundheit, in welcher die Kassenlobby gut vertreten ist, nun gestrichen. Ein Minderheitsantrag hält daran fest. Ob das Plenum der kleinen Kammer am 15. Dezember 2010 dem Minderheitsantrag folgt und damit analog zum Nationalrat eine solche Verpflichtung der Kassen festlegt, ist offen! 

Der Haken: höherer Selbstbehalt

Die Angebotspflicht der Kassen steht in einem direkten Zusammenhang mit der Einführung des sogenannten differenzierten Selbstbehaltes. Das heisst: Versicherte, die sich nicht einem Managed Care Modell anschliessen wollen oder können, müssten neu einen höheren Selbstbehalt bezahlen. Der Nationalrat hat diesen auf 20% festgelegt (aber maximal 1‘400.-/Jahr). Die ständerätliche Kommission will dasselbe System, setzt die Beträge jedoch etwas tiefer an: Versicherte mit Managed Care Modell müssten einen Selbstbehalt von 500.-/Jahr, Versicherte ohne ein solches Modell von 1‘000.-/Jahr übernehmen. Letzteres sind gegenüber der heutigen Regelung 300 Franken/Jahr mehr. 

Crux dieser Regelung: Gibt es keine Managed Care-Angebotspflicht für die Kassen, dann werden die Kranken, die bei Kassen ohne Managed Care versichert sind, für gleiche Leistung mehr bezahlen müssen. Ohne Angebotspflicht bedeutet der höhere Selbstbehalt also nichts anderes als eine Attacke auf die Kranken. Noch ist Zeit, die Vorlage im Parlament zu korrigieren!

Zuständig beim SGB

Reto Wyss

Zentralsekretär

031 377 01 11

reto.wyss(at)sgb.ch
Reto Wyss
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