Blick in einen Spitalgang mit Bett und Pflegeperson

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Grundversicherung: keine Privatisierung durch die Hintertür

  • Gesundheit
Medienmitteilung

Nachdem er sich gestern den Anliegen der PrämienzahlerInnen komplett verweigert hat, stand der Ständerat heute der Versicherungslobby äusserst zuvorkommend zu Diensten. Mit der Verabschiedung der KVG-Revision "EFAS" erhält diese ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk: Sie darf neu rund 11 Milliarden Steuergelder selber verteilen.

Der Ständerat ist heute seiner vorberatenden Kommission gefolgt und hat das sich seit Jahren in der Warteschleife befindende Projekt EFAS (Einheitliche Finanzierung ambulant/stationär) verabschiedet. EFAS ist nichts anderes als eine Teilprivatisierung der Grundversicherung, denn mit dieser Vorlage – welche angeblich einfach Fehlanreize beseitigen soll (niemand weiss wie) und Einsparungen bringen soll (niemand weiss wieviel) – werden letztlich einfach die rund 11 Milliarden Franken Steuergelder, welche die Kantone heute im stationären Bereich der Grundversicherung ausgeben, den Versicherern übertragen. Diese sollen die Gelder dann über die bereits existierende "Gemeinsame Einrichtung KVG" (in welcher die Kantone neu lediglich beratend Einsitz nehmen dürften) nach einem national einheitlichen Verteilungsschlüssel in sämtlichen Versorgungsbereichen verteilen.

Besonders unverständlich: Im Gegensatz zum Nationalrat hat der Ständerat auch die Langzeitpflege in die einheitliche Finanzierung miteingebaut. Konkret bedeutet dies, dass genau jener Versorgungsbereich, der heute – demografisch bedingt – am dynamischsten wächst, neu vollumfänglich durch die Prämien mitfinanziert würde. Denn die heute vorhandene Deckelung des Prämienbeitrags in der Langzeitpflege – eine der wenigen wirksamen gesetzlichen Bestimmungen gegen das Prämienwachstum – wurde vom Ständerat aus dem Gesetz gestrichen. Das ist so nicht hinnehmbar und ein weiterer Affront gegenüber den Haushalten mit tiefen und mittleren Einkommen, welche chronisch unter einer viel zu hohen und im nächsten Jahr weiter steigenden Prämienlast leiden.

Seit Jahren beklagen sich die Dachverbände der Krankenkassen über teure Fehlanreize im Gesundheitswesen. Dabei verschweigen sie, dass sie selbst zu den grössten NutzniesserInnen vieler Fehlanreize gehören. Denn diese spülen ihnen hohe Gewinne in ihre Zusatzversicherungen – auch auf Kosten der PrämienzahlerInnen. Weil aber dieses Geschäftsmodell aufgrund der Verlagerungspolitik des Bundes (weniger stationäre Behandlungen und damit weniger (halb-)private Versicherungsverträge) in Gefahr ist, macht die Lobby seit Jahren Druck für die "Einheitliche Finanzierung ambulant/stationär". Der Ständerat hat diesem Druck nun in einem ersten Schritt nachgegeben, doch die Differenzen zum Nationalrat bleiben zahlreich – und damit auch das Potenzial, dass sich das Parlament eines besseren belehrt und diese gefährliche Revision bald stoppt.

Zuständig beim SGB

Reto Wyss

Zentralsekretär

031 377 01 11

reto.wyss(at)sgb.ch
Reto Wyss
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