Gewerkschaften, Frauen und Linke klar gegen höheres Rentenalter und für bessere AHV

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Verfasst durch Doris Bianchi

Wer positioniert sich wie zur Reform Altersvorsorge 2020?

Die Vernehmlassungsphase zur Reform Altersvorsorge 2020 ist abgeschlossen. In den Positionen der grossen Verbände und Parteien sind wenig Gemeinsamkeiten und viele Differenzen zu erkennen. Das Vorgehen jedoch, die 1. und 2. Säule in eine einzige Vorlage zu packen, findet breite Zustimmung.

Die Arbeitgeberverbände, Economiesuisse sowie die bürgerlichen Parteien sprechen sich alle klar für ein höheres Rentenalter aus. Sie betrachten die Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 als zwingenden Schritt, auf den später noch weitere generelle Erhöhungen für Männer und Frauen folgen sollen. Diese sollen von den AHV Finanzen abhängig sein. Mit einer solchen Koppelung des Rentenalters an den AHV-Fonds oder an die steigende Lebenserwartung – wie von der SVP gefordert – soll das Rentenalter auf über 67 klettern.

Frauenverbände geschlossen gegen höheres Rentenalter

Keine Unterstützung findet das Rentenalter 65 bei den Betroffenen. Die Frauenverbände lehnen ein höheres Rentenalter unisono klar ab. Sie begründen dies mit den vorherrschenden Ungleichheiten im Berufsleben, die sich negativ auf die Rente auswirken. Weil einzig die AHV diese Benachteiligungen auszugleichen vermag, fordern die Frauenverbände deren Stärkung. Die Arbeitnehmerverbände, die SP und die Grünen lehnen ein höheres Rentenalter ebenfalls ab.

Höhere Mehrwertsteuer?

Konsens herrscht darin, dass die AHV für das nächste Jahrzehnt auf Zusatzeinnahmen angewiesen ist. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer findet eine breite Mehrheit. Auch unter den Seniorenverbänden. Der Gewerbeverband und die SVP sind jedoch gegen eine Steuererhöhung. Die Finanzierung der AHV soll durch ein höheres Rentenalter sichergestellt werden. Economiesuisse und die anderen bürgerlichen Parteien erachten eine höhere Mehrwertsteuer als gangbar, jedoch nicht im geforderten Ausmass und stets gekoppelt an die Erhöhung des Rentenalters. Die Arbeitnehmerverbände, EVP, SP und Grünen bringen die nationale Steuer auf hohe Erbschaften ins Spiel, über die der Souverän voraussichtlich 2015 abstimmen wird.

Berufliche Vorsorge: Leistungserhalt bejaht

Bei den Reformvorschlägen über die berufliche Vorsorge überwiegen die Stimmen, die eine Senkung des Mindestumwandlungssatzes unterstützen. Breit getragen jedoch ist – im Gegensatz zur beabsichtigten Senkung im Jahr 2009 – das Bekenntnis dazu, dass das aktuelle Leistungsniveau der obligatorischen beruflichen Vorsorge nicht verringert werden darf. Daher erscheint für viele eine Senkung auf 6% als zu stark. Denn die dafür erforderliche Aufstockung des Altersguthabens wäre enorm. Dass Massnahmen, welche die Renteneinbussen kompensieren würden, zu treffen sind, wird denn auch breit geteilt. Zwar anerkennen die Antwortenden, dass es für die Übergangsgeneration andere Massnahmen als einzig die Aufstockung des Altersguthabens braucht, die Zustimmung zu den vorgeschlagenen Massnahmen für die Übergangsgeneration ab 40 ist jedoch sehr gering. Vor allem wird die Dauer von 25 Jahren kritisiert. Nach wie vor bevorzugen die Arbeitgeberverbände und die bürgerlichen Parteien, dass der Mindestumwandlungssatz künftig vom Bundesrat oder von den Pensionskassen festgelegt werden muss. 

Interventionsmechanismus bei der AHV nicht populär

Vom Tisch dürfte die vorgeschlagene Neuordnung des Bundesbeitrages sein. Dass der Bund seine Verantwortung für die AHV reduzieren möchte, wird nicht goutiert.

Ein ähnliches Schicksal dürfte der vorgeschlagene Interventionsmechanismus erleiden. Economiesuisse weibelt seit Jahren für eine Schuldenbremse bei der AHV. Die darin enthaltene automatische Sistierung der AHV-Rentenanpassung ist jedoch derart einschneidend, dass sie beim Stimmvolk nur durchfallen kann. Die klare Ablehnung durch die Arbeitnehmerverbände, die Seniorenorganisationen und weitere Kreise zeigt, dass bei den AHV-Renten kein Spielraum gegen unten vorhanden ist. Diese Ausgangslage hat nun den Arbeitgeberverband und Economiesuisse bewogen, auf die automatische Sistierung der AHV-Rentenanpassung zu verzichten. Ihr vorgeschlagener Interventionsmechanismus, der eine automatische Rentenalter-Erhöhung beinhalten soll, wird aber voraussichtlich auch keine Mehrheit finden.

Frauen, Gewerkschaften, Linke, Senioren und CVP für bessere AHV-Renten

Alle Verbände und Parteien sprechen sich grundsätzlich für die Erhaltung des Leistungsniveaus in der Altersvorsorge aus. Die Renten dürfen nicht sinken. Für eine Verbesserung der AHV-Renten stehen nebst den Arbeitnehmerverbänden die Frauenorganisationen, etliche Seniorenverbände, die SP und die Grünen sowie die CVP ein. Die CVP hält in ihrer Antwort an ihrem Anliegen nach einer Deplafonierung der AHV-Renten für Ehepaare fest. Damit würden die AHV-Renten für Verheiratete markant steigen.

Getrenntes Vorgehen nicht möglich

Das zuständige Bundesamt für Sozialversicherung wird die Vernehmlassung in den nächsten Monaten auswerten. Es obliegt dann dem Bundesrat, daraus eine Gesetzesvorlage zusammenzustellen und diese vor Jahresende dem Parlament zuzuleiten. Die Knackpunkte sind nun bekannt: Rentenalter, Mindestumwandlungssatz und Finanzierung. Getrennt können sie aber nicht angegangen werden und schon gar nicht ohne den Bezug auf die Lebensrealität der jetzigen und künftigen Rentnerinnen und Rentner. Der SGB wird sich im Reformprozess dafür einsetzen, dass deren Interessen in den Fokus rücken.

 

Zuständig beim SGB

Gabriela Medici

stv. Sekretariatsleiterin

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Gabriela Medici
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