Eine Ärztin, die Statistiken und Kosten berechnet

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Für die Versicherten, für das Gesundheitspersonal: Nein zur Kostenbremse!

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Verfasst durch Reto Wyss

Gute Gründe sprechen für ein Nein am 9. Juni zur so genannten Kostenbremse-Initative

Die Kostenbremse-Initiative löst weder das Problem der unsozialen Finanzierung, noch spart sie dort, wo gespart werden müsste. Zu befürchten wäre bei ihrer Annahme vielmehr ein weiteres Voranschreiten der Zweiklassenmedizin und der Sparpolitik auf dem Buckel des Personals. Deshalb braucht es am 9. Juni ein klares Nein zu dieser gefährlichen Initiative.

Falsche Logik

Die Kostenbremse-Initiative will, dass sich die Gesundheitskosten künftig im Gleichschritt "mit der Gesamtwirtschaft und den durchschnittlichen Löhnen" entwickeln. Falls dies nicht der Fall ist, sollen zunächst die Tarifpartner und danach Bund und Kantone Massnahmen zur Kostensenkung ergreifen. Die Initiative geht von der Logik aus, dass man nur genug und effizient sparen müsse, damit die Prämien sinken und die Finanzierungsprobleme im Schweizer Gesundheitsprobleme gelöst werden. Ein sehr gefährlicher Ansatz, und zwar aus meherlei Hinsicht. 

Geschäftemacherei und Überversorgung: Sparpotenzial gross

Gemäss diverser offizieller Berichte könnten im Schweizer Gesundheitswesen angeblich locker 20 Prozent der Ausgaben eingespart werden, ohne dass sich daraus irgendeine Einschränkung der Versorgung oder der Qualität ergibt. Tatsächlich ist das Sparpotenzial im Gesundheitssystem mit Sicherheit erheblich und eine Eindämmung der vorhandenen Verschwendung, Überversorgung und Geschäftemacherei ist unbedingt nötig. Schliesslich geht es hier um ein zentrales Gebiet des Service public, welcher zu Recht auch in allen anderen Bereichen klaren Budgetvorgaben und -kontrollen zu folgen hat. Was läuft schief? Drei Beispiele: Die Pharmaindustrie verdient sich in der Grundversicherung eine goldene Nase – die Medikamentenpreise sind viel zu hoch und Generika werden viel zu selten eingesetzt. Privatspitäler und Zusatzversicherer stürzen sich stets auf die profitablen Behandlungsfälle, operieren zu viel und belasten damit direkt die Grundversicherung. Und die Digitalisierung ist im Gesundheitswesen noch nirgendwo, was immer teurer kommt und nun endlich ändern muss (funktionierende Beispiele gibt es im Ausland mittlerweile genügend).

Unsoziale Finanzierung und Prämienlast würden bleiben

Doch Sparpotenzial hin oder her: Selbst, wenn man im Gesundheitswesen mit "schmerzfreien" Massnahmen 20 Prozent einsparen könnte, würde dies das Problem der unsozialen Finanzierung durch Kopfprämien mitnichten lösen. Wir würden uns dann auf dem Prämienniveau von 2018 wiederfinden. Genau in diesem Jahr wurde die 10%-Initiative lanciert, weil die Prämienlast der Haushalte mit tiefen und mittleren Einkommen bereits dann ein inakzeptables Ausmass angenommen hat.

Gefährliche Umsetzung durch Lobby-Parlament

Kostenseitig ist die politische Realität in der Gesundheitspolitik allerdings noch viel düsterer: Ein Grossteil der aus gewerkschaftlicher Sicht sinnvollen Massnahmen zur Kostendämpfung wird vom lobbygetriebenen Parlament seit Jahren blockiert (genauso wie eine soziale Finanzierung). Darunter auch von einem nicht kleinen Teil jener Partei, die die Kostenbremse-Initiative lanciert hat, die Mitte-Partei. Und genau dieses Parlament müsste die Kostenbremse-Initiative nach einer allfälligen Annahme dereinst umsetzen. Zu erwarten wäre deshalb, dass komplett am falschen Ort gespart würde, und zwar beim Personal und bei der Versorgungsqualität.

Personal: Das Gegenteil von Sparen ist angesagt

Das Gesundheitspersonal ist bekanntlich seit Jahren am Anschlag und leidet chronisch unter dem weiter zunehmenden Spardruck. Dazu kommt der ohnehin vorhandene, sich stetig verschärfende Personalmangel, der durch die demografische Entwicklung in den nächsten Jahren noch weiter ansteigen wird. Was es deshalb braucht, ist die umgehende Umsetzung der von der Bevölkerung mit grosser Mehrheit angenommenen Pflegeinitiative – und diese ist das Gegenteil einer Kostenbremse beim Personal!

Giftschrank zum Ausbau der Zweiklassenmedizin

Wenn nicht beim Personal gespart würde, dann drohten Einschnitte bei der Versorgung und beim Zugang. Der bürgerliche Giftschrank dafür ist prall gefüllt: "Krankenversicherung light für Personen in bescheidenen Verhältnissen", Gesundheitssparkonto, Franchisen von bis zu 10'000 Franken, drastische Kürzungen im Leistungskatalog, Ausbau der Zusatzversicherungen etc. Klar, all das würde in der Grundversicherung Kosten sparen – aber zu einem inakzeptablen gesellschaftlichen und sozialen Preis. Die Zweiklassemedizin ist im Gesundheitssystem bereits heute viel zu weit fortgeschritten. Dies insbesondere aufgrund der hohen Kostenbeteiligung (die zur Prämienbelastung noch hinzukommt), welche immer mehr Leute mit tiefen Einkommen auch von dringend nötigen Besuchen beim Arzt oder bei der Ärztin abhält.

Gegenvorschlag und 10%-Initiative viel besser für Kostendämpfung

Die Kostenbremse-Initiative ist der Schlüssel zum Giftschrank der lobbygetriebenen Parlamentsmehrheit und würde zu einer weiteren Entsolidarisierung im Gesundheitswesen führen. Die Initiative muss deshalb klar abgelehnt werden. In Kraft treten würde dann der vom Parlament beschlossene indirekte Gegenvorschlag. Dieser gibt Bund und Kantonen mehr Kompetenzen für Tarifeingriffe, was sich im Sinne der PrämienzahlerInnen positiv auswirken dürfte. Doch noch wichtiger: Am 9. Juni ist ein Ja zur Prämienentlastungs-Initiative nicht nur das beste Mittel zur Reduktion der Prämienlast, sondern auch zur Senkung der Kosten. Dies deshalb, weil Bund und Kantone mit dem darauf folgenden Ausbau der Prämienverbilligungen endlich gemeinsam ein starkes und reales Interesse daran haben, der Lobbymacht von Pharma, Zusatzversicherern und Privatspitälern entgegenzutreten und ihre Profitmacherei zulasten der Prämien- und SteuerzahlerInnen wirksam einzuschränken.

Zuständig beim SGB

Reto Wyss

Zentralsekretär

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