Frauen haben viele Gründe, um zu streiken. Einer davon ist, dass die Gleichstellung der Frauen auch am Ende ihrer Erwerbskarriere weiterhin nicht garantiert ist. Über 40 Jahre nach Einführung des Drei-Säulen-Prinzips zur Sicherung des Lebensstandards im Alter erhalten sie immer noch deutlich tiefere Renten als Männer.
Viele Frauen beenden ihre Erwerbsarbeit, bevor sie das Pensionierungsalter 64 erreicht haben. Sechs Jahre vor dem Rentenalter sind noch drei Viertel der Frauen erwerbstätig oder auf Arbeitssuche. Mit 63 Jahren sind es nur noch 46.2 Prozent. Die allermeisten in einer Teilzeitanstellung. Wieso? Weil viele Frauen gesundheitlich nicht mehr der in der Lage sind, zu arbeiten. Körperlich und psychisch belastende Arbeitsbedingungen können auf die Dauer an die Substanz gehen. Ältere Frauen verlassen den Arbeitsmarkt aber nicht nur, weil sie selbst krank sind. Sondern auch, um kranke und pflegebedürftige Angehörige zu pflegen. Wenn die Eltern, die Schwiegereltern oder der Partner pflegebedürftig werden, ist es für viele Frauen immer noch selbstverständlich, ihre bezahlte Arbeit zu beenden oder einzuschränken, um unbezahlte Pflege- und Betreuungsarbeit zu übernehmen. Viele Grossmütter übernehmen auch die Betreuung ihrer Enkelkinder und leisten so einen wichtigen Beitrag zur Vereinbarung von Familie und Arbeit der jüngeren Frauen. 2012 betreute jede sechste Frau zwischen 55 und 64 Jahren regelmässig Kinder, die nicht im gleichen Haushalt leben. Grossmütter komplettieren das unzureichende Angebot an externen Betreuungsmöglichkeiten und können eine grosse Hilfe sein für Eltern mit unregelmässigen Arbeitszeiten oder wenn spontan eine Betreuungslücke gefüllt werden muss, weil z.B. jemand krank geworden ist.
Dieses Engagement der Frauen für die Haus- Erziehungs-, Pflege- und Betreuungsarbeit wird in unserem System der Altersvorsorge nicht genügend anerkannt. Denn eine genügende Absicherung im Alter garantiert die auf drei Säulen basierende Altersvorsorgesystem nur, wenn fortwährend und in hinreichendem Umfang Sozialversicherungsbeiträge geleistet wurden.
Auch heute müssen die meisten Frauen im Alter auf die Rente aus der AHV setzen. Quasi alle Frauen erhalten eine AHV-Rente. Dank Erziehungs- und Betreuungsgutschriften, Ehegattensplitting sowie der Rentenformel sind die AHV-Renten der Frauen ähnlich hoch wie jene der Männer. Die AHV schafft so als einzige Sozialversicherung einen Ausgleich für die ungleiche Verteilung der unbezahlten Pflege- und Betreuungsarbeit zwischen Frauen und Männern. Das Problem der AHV: Mit den heutigen AHV-Altersrentenansätzen alleine ist die Existenz im Alter nur ungenügend gesichert.
Doch die berufliche Vorsorge hilft der Mehrheit der Frauen nicht weiter: Ein Drittel der pensionierten Frauen erhalten im Alter weder Rente noch Kapital aus der zweiten Säule. Und jene Frauen, die zwar über ein Pensionskassenanschluss verfügen, erhalten nur halb so hohe Renten wie die Männer. Eine neu ausbezahlte Altersrente aus der beruflichen Vorsorge betrug im Jahr 2017 für Frauen 1221 Franken, für Männer 2301 Franken.
Für die Frauen nimmt die AHV einen weitaus wichtigeren Stellenwert bei der Altersabsicherung ein. Deshalb ist es für uns klar: Anstatt das Rentenalter der Frauen anzugreifen, müssen endlich die AHV-Renten erhöht werden. Dafür streiken wir am 14. Juni!