ältere Frau beim Spaziergang mit Rollator

Foto: Simon Bleasdale / flickr |     

 

EL-Revision: Keine Sparübung auf dem Buckel der Ärmsten!

  • Ergänzungsleistungen
Artikel
Verfasst durch Reto Wyss

Vorlage immer noch zwiespältig

Als Zweitrat behandelt die grosse Kammer am 14. März die Teilrevision der Ergänzungsleistungen (EL). Der Nationalrat muss die Vorlage verbessern, wenn die Revision das vom Bundesrat definierte Ziel des Leistungserhalts erreichen soll.

Obwohl ursprünglich als Provisorium gedacht, sind die Ergänzungsleistungen schon längst ein unverzichtbarer Teil der 1. Säule. Sie übernehmen auch eine zentrale Rolle im System der Pflegefinanzierung und sind zur Ergänzung der IV-Renten zwingend nötig. Eine grosse Bedeutung haben die EL zudem im System der Prämienverbilligung: Aus diesem fliessen heute bereits 40% der Gelder in die Prämienübernahmen der EL-Beziehenden.

Aus Sicht der Gewerkschaften zeigt die hohe Anzahl von Personen, die bei Invalidität oder im Alter auf EL angewiesen sind, primär den Bedarf, die Renten zu erhöhen und für bezahlbare Krankenkassenprämien zu sorgen. Die vom Bundesrat in der vorgeschlagenen EL-Teilrevision formulierte Zielsetzung des Erhaltes des Leistungsniveaus ist vor diesem Hintergrund das Minimum.

Anpassung Mietzinsmaxima korrigieren Leistungsverlust

Im momentanen Stand der Beratung kann das Leistungsniveau aber nur sehr grosszügig interpretiert als gesichert gelten. Und dies auch nur deshalb, weil die EL-Revision mit der Vorlage über die Anpassung der anrechenbaren Mietzinsmaxima verknüpft wurde. Die überfällige Anpassung der Mietzinsmaxima ist jedoch keine Massnahme des Leistungserhalts, sondern der überfällige Ausgleich eines seit 2001 schleichend wachsenden Leistungsverlustes (so sind die Mietzinsen seither um mehr als 20% gestiegen).

Die Vorlage ist auch als Gesamtpaket betrachtet äusserst zwiespältig. Die neuen Mietzinsmaxima würden den EL-BezügerInnen wichtige Entlastungen bringen, was auch für die Mietzinszuschläge für betreutes Wohnen gilt. Diesem Fortschritt stehen aber etliche grosse Einschnitte gegenüber: Anstelle der Durchschnittsprämie soll die EL-Mindesthöhe künftig nur noch dem Betrag der höchsten Prämienverbilligung entsprechen. Letzterer liegt jedoch in vielen (und immer mehr) Kantonen deutlich unter der effektiven Prämie. Diese Neudefinition würde über 120 Millionen einsparen (Tendenz stark steigend), welche neu von den EL-BezügerInnen übernommen werden müssten. Das sind PrämienzahlerInnen in schwierigsten wirtschaftlichen Verhältnissen.

Lebensführungskontrollen

Darüber hinaus sollen mit der EL-Reform die Vermögensfreibeträge um einen Drittel gesenkt und die Regeln zum Vermögensverzicht verschärft werden. Und die Gefahr einer harten "Lebensführungskontrolle" ist noch nicht gebannt. Damit würden prinzipiell sämtliche Ausgaben von EL-BezügerInnen über Jahre hinweg rückwirkend geprüft, was schlichtweg bedeuten würde, dass sich RentnerInnen nichts über die eigene Existenzsicherung hinaus leisten dürften.

Das Parlament hat die Chance, diese Vorlage noch zu korrigieren und sie wieder an ihr Ziel der Leistungssicherung heranzuführen. Vor dem Hintergrund des einmal mehr unerwarteten Milliardenüberschusses im Bundeshaushalt ist es erst recht selbstverständlich, dass bei den Ärmsten nicht gespart wird. Auf weitere Verschärfungsmassnahmen ist zudem unbedingt zu verzichten, was im Speziellen auf die Senkung des Bundesbeitrags an die Prämienverbilligungen zutrifft. Dieser im Raum stehende Vorschlag ist völlig sachfremd und verkennt die Lebensrealität der Menschen bzw. PrämienzahlerInnen in diesem Land komplett: Die Prämien sind heute inflationsbereinigt um 128% höher als vor 20 Jahren.

Zuständig beim SGB

Reto Wyss

Zentralsekretär

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Reto Wyss
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