Die Behandlung der EL-Revision ist auf der parlamentarischen Zielgeraden. Eines steht dabei jetzt schon fest: Das Parlament hat sich bislang dem bundesrätlichen Ziel der Beibehaltung des Leistungsniveaus leider nicht angeschlossen. So will die Sozialkommission des Nationalrates mit ihren letzten Beschlüssen die Leistungen um insgesamt 697 Millionen kürzen, was für die Betroffenen schlichtweg nicht verkraftbar wäre. Aber auch der Ständerat will insgesamt 598 Millionen sparen. Doch diese 100 Millionen Differenz sind entscheidend, denn sie gehen grösstenteils auf die Forderung der Kommission nach einer Kapitalbezugssanktion zurück. So sollen sämtliche Fälle von Kapitalbezug aus der Pensionskasse mit einer zehnprozentigen Kürzung der jährlichen Ergänzungsleistungen bestraft werden.
Im Jahr 2015 haben laut Finanzkontrolle mehr als die Hälfte der Neupensionierten Kapital bezogen. In mehr als einem Drittel der Fälle war der dabei ausbezahlte Betrag tiefer als die geltenden EL-Vermögensfreibeträge. Diese beiden Zahlen machen deutlich, dass der Kapitalbezug erstens weit verbreitet ist und sich die ausbezahlten Summen zweitens keineswegs zum "Verprassen" eignen. Dazu kommt, dass mit der EL-Revision sowieso strikte Regeln zum Verbrauch von Vermögen vorgesehen sind. Halten sich EL-Beziehende nicht an diese Regeln, werden sie ebenfalls sanktioniert werden können. Dennoch hielt die Nationalratskommission daran fest, dass sämtliche Arten des Kapitalbezugs mit einer 10%-Kürzung sanktioniert werden sollen – das können 500 Franken sein (zuhause), aber genau so gut auch 5000 Franken (im Heim). Der Nationalrat muss in seiner abschliessenden Behandlung der Revision endlich auf den Boden der Realität zurückkommen und diese unfaire Massnahme streichen.
Eine weitere Differenz zwischen den Räten bleiben die Vermögensfreibeträge – als "Notgroschen" gerade für HeimbewohnerInnen bei einer immer noch nicht zufriedenstellenden Finanzierung der Heimpflege eminent wichtig. Der Nationalrat will diese Freibeträge um 30% kürzen. Das ist fahrlässig und würde wohl auch zu neuen Sozialhilfefällen führen, was laut EL-Gesetz explizit verboten ist und bleibt.
Nötige Erhöhung der Mietobergrenzen
Unter dem Strich bleibt klar: Diese Reform ist – auch mit den noch nötigen Korrekturen des Nationalrates – nur deshalb akzeptabel, weil endlich die seit 2001 unveränderten Obergrenzen für die Erstattung der Mieten erhöht werden. Dies ist für EL-Beziehende ungemein wichtig. Aber für den SGB ist klar, dass der Bundesrat in Zukunft unbedingt von seiner Kompetenz zur Anpassung der Mietzinsmaxima auf dem Verordnungsweg Gebrauch machen muss – genau, wie er es für den Lebensbedarf oder auch die AHV-Renten macht. Es darf nicht sein, dass die finanziell Schwächsten unserer Gesellschaft in Zukunft weiter zu Geiseln der Teuerung gemacht werden, während sich die Topsaläre mit der "Teuerung" jährlich weiter nach oben bewegen.
Man kann nicht genug oft daran erinnern: Die Beziehenden von Ergänzungsleistungen – und das sind grossmehrheitlich Frauen – haben meist jahrzehntelang Sozialversicherungsbeiträge bezahlt. Sie haben ein verfassungsmässig garantiertes Recht auf eine soziale Existenzsicherung. Das muss auch der Nationalrat in seiner letzten Behandlung der EL-Revision anerkennen.