Einen GAV legt man nicht ab wie ein bisschen Schmuck

  • Gesundheit
Artikel
Verfasst durch Christina Werder

Belegschaft La Providence streikt

Seit dem 26. November streikt die Belegschaft des Neuenburger Privatspitals La Providence. Die Beschäftigten wehren sich gegen den Verkauf des Spitals an die Genolier-Gruppe und insbesondere die Auflösung des GAV „Santé 21“. Zudem beharren sie darauf, dass das Einhalten des GAV Voraussetzung dafür ist, ein Spital in die kantonale Spitalliste aufzunehmen.

Die Kantone sind verantwortlich für die Versorgungssicherheit ihrer Bevölkerung. Dazu gehört ein ausreichendes und qualitativ gutes Angebot an stationären und ambulanten Dienstleistungen. Zur Steuerung des Spitalangebots haben die Kantone die Spitalliste als Instrument. Zur Sicherstellung des qualitativen Angebots der steuerfinanzierten Gesundheitsversorgung im Kanton Neuenburg nimmt der GAV Santé 21 einen zentralen Platz ein. Gute Leistungen, gute Qualität erfordern gute Arbeitsbedingungen, die in einem GAV ausgehandelt und sichergestellt werden. Dazu gehören orts- und branchenübliche Anstellungsbedingungen. Gute Arbeitsbedingungen schützen zudem die Gesundheit der Angestellten, sind eine Voraussetzung für Arbeitszufriedenheit und sichern den sozialen Frieden.

Das Spital „La Providence“ besteht seit vielen Jahrzehnten und ist als privatrechtliche, nicht gewinnorientierte Stiftung organisiert. „La Providence“ steht auf der Spitalliste des Kantons Neuenburg und verfügt über einen Leistungsauftrag des Kantons. Der Kanton zählt somit dieses Spital zur Grundversorgung seiner Bevölkerung, zahlt deshalb Subventionen und hat es zur Sicherstellung guter Arbeitsbedingungen dem erwähnten GAV unterstellt.

Die Tatsache, dass die Regierung in Aussicht gestellt hat, dem Spital weiterhin einen Leistungsauftrag und Subventionen zu gewähren, auch wenn der GAV gekündigt und nicht eingehalten wird, ist unverständlich, besorgniserregend, ja inakzeptabel: Zum einen würde die Regierung sich mit einem solchen Entscheid über das Neuenburger Gesetz und ihre eigenen Verordnungen hinwegsetzen! Zum andern riskiert der Regierungsrat mit einem solchen Verhalten, dass weitere GAV unter Druck kommen, orts- und branchenübliche Arbeitsbedingungen missachtet werden können. Er sendet so den Abbauern ein Beruhigungssignal: Verschlechtert nur die Arbeitsbedingungen, löst den GAV nur auf, der Kanton zahlt euch weiterhin Subventionen! Die Zeche für eine solche Politik zahlt einerseits das Personal und andererseits die gesamte Bevölkerung. Denn ein solcher Entscheid würde zwangsläufig auch zu einem qualitativen Abbau der Grundversorgung im Gesundheitswesen für die gesamte Bevölkerung führen.

Ein Hoffnungsstreifen: Das Neuenburger Parlament hat am 5. Dezember 2012 mit der Überweisung einer dringlichen Motion bekräftigt, dass der GAV eingehalten werden muss und damit zum Ausdruck gebracht, dass für das Personal in der subventionierten Grundversorgung des Gesundheitswesens gute Arbeitsbedingungen via GAV sichergestellt sein sollen.

Zuständig beim SGB

Reto Wyss

Zentralsekretär

031 377 01 11

reto.wyss(at)sgb.ch
Reto Wyss
Top