Eine verpasste Chance und kaum Neues

  • Sozialpolitik
Artikel
Verfasst durch Doris Bianchi und Gianluca Pardini

Sozialversicherungen 2018

Für das neue Jahr sind nur minime Veränderungen in den schweizerischen Sozialversicherungen vorgesehen.

AHV

Renten unverändert

Das Nein bei der Volksabstimmung über die Altersvorsorge 2020 im September 2017 führt dazu, dass eine Zusatzfinanzierung für die AHV und die Revisionen in der AHV sowie in der beruflichen Vorsorge aufgeschoben werden. Die Vorlage hätte die AHV-Renten substantiell erhöht. Somit bleiben die AHV- und IV-Renten auch im Jahr 2018 unverändert. Denn auch in diesem Jahr entfällt die automatische Anpassung der AHV-Renten an die Preis- und Lohnentwicklung. Der Verzicht wird dadurch begründet, dass sich sowohl der Preis- als auch der Lohnindex nur schwach entwickelt haben. Die letzte Erhöhung der Renten erfolgte auf den 1. Januar 2015.

Ausgleichsfonds-Gesetz tritt in Kraft

Das neue Bundesgesetz zur Verwaltung des Ausgleichsfonds von AHV, IV und EO schafft die gesetzliche Grundlage für die Umwandlung der Fonds in eine öffentlich-rechtliche Anstalt. Die Betriebsaufnahme der neuen Anstalt "compenswiss (Ausgleichsfonds AHV/IV/EO)" soll am 1. Januar 2019 erfolgen.

Invalidenversicherung

Höherer Intensivpflegezuschlag

Familien, die zu Hause ein schwerkrankes oder schwerbehindertes Kind pflegen, erhalten einen höheren Beitrag der IV. Dieser sogenannte der Intensivpflegezuschlag wird ab 2018 erhöht. Werden mindestens 4 Stunden Intensivpflege pro Tag geleistet, dann erhöht sich der Intensivpflegezuschlag pro Monat um 470 bis 940 Franken. Bei mindestens 6 Stunden beträgt die Erhöhung 940 bis 1645 Franken, bei mindestens 8 Stunden 1410 bis 2350 Franken.

Neue Methode bei der Berechnung des Invaliditätsgrades

Die revidierte Verordnung über die IV wird im Laufe des Jahres 2018 in Kraft treten. Die Berechnungsmethode der IV-Rente (sogenannte "gemischte Methode") wird dabei verbessert. Künftig werden die Folgen einer gesundheitlichen Beeinträchtigung nicht nur für die Erwerbstätigkeit, sondern in gleicher Gewichtung auch für allgemeine Aufgaben (wie beispielsweise Haushaltsarbeiten usw.) berücksichtigt. Dadurch werden Teilzeiterwerbstätige und insbesondere Frauen weniger diskriminiert. Bisher führte Teilzeiterwerb zu einem niedrigeren Invaliditätsgrad als Vollzeiterwerb.

Zusatzfinanzierung läuft aus

Im September 2009 wurde an der Urne eine vorübergehende Anhebung der MWST um 0.4% zugunsten der IV gutgeheissen. Diese Zusatzfinanzierung ist per 31.12.2017 ausgelaufen. Ab 2018 gelten somit neue Mehrwertsteuersätze. Der Normalsatz beträgt nunmehr 7.7% (alt 8 %), der Sondersatz Beherbergung  3.7 % (alt 3.8 %), der reduzierte Satz bleibt bei 2.5 %. Bei den Werten 2018 sind die 0.1 % Zuschlag für die Finanzierung der Eisenbahninfrastruktur (FABI) eingerechnet.

Berufliche Vorsorge

Mindestzinssatz: historisches Tiefstniveau

2016 wurde der Mindestzinssatz in der obligatorischen beruflichen Vorsorge auf ein historisches Tiefstniveau von 1 Prozent gesenkt. Er bleibt aufgrund der Empfehlung der Eidgenössischen Kommission für die berufliche Vorsorge 2018 unverändert. Das Altersguthaben wird somit weiterhin unterdurchschnittlich verzinst. Grund dafür sind die anhaltend tiefen Zinsen - obwohl Aktien und Immobilien erfreuliche Renditen abwerfen. Der BVG-Mindestzinssatz variierte von1985 bis 2011 zwischen 2 bis 4 Prozentpunkten.

Hinterlassenen- und Invalidenrenten (BVG): unverändert

Die Hinterlassenen- und Invalidenrenten der obligatorischen beruflichen Vorsorge bleiben im Jahr 2018 ebenfalls unverändert. Altersrentner/innen der beruflichen Vorsorge haben keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Teuerungsanpassung ihrer Altersrente. Die Pensionskassen verzichten flächendeckend auf eine Anpassung.

Krankenversicherung

Prämien klettern weiter in die Höhe

2018 steigt die Standartprämie der obligatorischen Krankenpflegeversicherung um durchschnittlich 4 Prozent (+4.5 Prozent im Vorjahr). Für Kinder steigt die Prämie mit 5% erneut am stärksten an. Die Erhöhung variiert je nach Kanton. Seit der Einführung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung haben sich die Krankenkassenprämien real verdoppelt.

Der Bundesrat erhöht 2018 die Prämie für aktive und pensionierte Berufsmilitärs, die in der Militärversicherung gegen Krankheit und Unfall versichert sind, von 292 auf 340 Franken pro Monat. Damit sollen die krankheitsbedingten Kosten wieder durch die Prämie gedeckt werden, was jüngst nicht mehr der Fall war.

Im Laufe des Jahres 2018 werden Massnahmen zur Dämpfung der Gesundheitskosten vorgestellt. In einem Expertenbericht stellt der Bundesrat bestehende, geplante oder komplett neue Massnahmen zur Kostendämpfung in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung vor. Dieser Expertenbericht wird die gesundheitspolitische Debatte prägen.

Ab dem 1. Januar 2018 gelten zudem neue TARMED-Tarife. Sie umfassen sämtliche ärztlichen und arztnahen Leistungen, die den Patienten in Rechnung gestellt werden. Obwohl sich an den Leistungen für Versicherte nichts ändert, sollen durch verschiedene Anpassungen rund 470 Mio. Franken (1.5 Prozent des Prämienvolumens) eingespart werden.

Reformen 2018: Drohende Verschärfungen bei den Ergänzungsleistungen ·

Die Reform der Ergänzungsleistungen wird das Parlament auch 2018 beschäftigen. Nach dem Ständerat wird nun der Nationalrat über die Reform beraten. In den parlamentarischen Kommissionen sind Abbaumassnahmen mit gravierenden Folgen für Senioren und Menschen mit Behinderung durchgesetzt worden. So soll bei der Rückerstattung der Krankenkassenprämien gespart oder es soll die Vermögensfreibeträge bei der EL-Berechnung gekürzt werden. Einziger Lichtblick: die längst fällige Erhöhung der Mietzinsmaxima könnte durchgesetzt werden. ·

Das Parlament wird sich zudem mit der Weiterentwicklung der IV befassen. Die Botschaft sieht Handlungsbedarf bei Kindern und Jugendlichen mit Gesundheitsproblemen und bei psychisch Kranken. Geplant ist auch die Einführung einer linearen Rentenskala. ·

Nach der Ablehnung der Reform Altersvorsorge 2020 wird 2018 die Vernehmlassung über eine erneute Revision eröffnet werden. Der Bundesrat plant in einem ersten Schritt, die AHV zu revidieren und für deren Zusatzfinanzierung zu sorgen. Die berufliche Vorsorge soll in einem zweiten Schritt angegangen werden.

Zuständig beim SGB

Gabriela Medici

stv. Sekretariatsleiterin

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Gabriela Medici
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