Dossier 85: Berufliche Vorsorge III - Verwaltungskosten: Bedeutendes Sparpotenzial

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Dossier
Verfasst durch Doris Bianchi / Daniel Kopp / Jasmin Aregger

Die Berufliche Vorsorge ist als Sozialversicherung ausgestaltet. Die Beiträge der Arbeitnehmenden und Arbeitgeber dienen zur Finanzierung von Leistungen, die beim Eintreffen von bestimmten Risiken fällig werden. In diesem Prozess entstehen zwangsläufig Kosten. Zudem sind mittlerweile viele Dienstleistungserbringer daran beteiligt, die ebenfalls entschädigt werden müssen. Diese Kosten müssen aber in einem angemessenen Verhältnis zur Leistung stehen. Die vorliegende Analyse des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes zeigt, dass sie dies nicht tun.

Die Kostenfrage ist nicht nur im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit der Beruflichen Vorsorge zu beurteilen. Die Kosten wirken sich auch auf die Finanzierung der Leistungsverpflichtungen aus. Wenn der Bundesrat in seinem Bericht über die Zukunft der 2. Säule erneut eine Senkung des Mindestumwandlungssatzes zur Diskussion stellt, ist es angezeigt, die Kosten zu eruieren und das Einsparpotenzial sichtbar zu machen.

Ein grosses Ärgernis ist die intrasparente Darstellung der Verwaltungskosten und insbesondere der Vermögensverwaltungskosten. Eine vom Bundesamt für Sozialversicherungen in Auftrag gegebene Studie über die Vermögensverwaltungskosten offenbarte, dass alleine 2009 über
2.8 Mrd. Franken bei der Vermögensverwaltung anfielen, welche direkt vom Kapitalertrag abgezogen und nie ausgewiesen wurden. Belegt wurde zudem, dass hohe Vermögensverwaltungskosten nicht zu einer höheren Nettorendite führen, sondern diese tendenziell schmälern.

Das Einsparpotenzial bei den Vermögensverwaltungskosten ist mit 1.8 Mrd. Franken (Studie c-alm) beträchtlich. Würden die Vorsorgeeinrichtungen 80 % dieses Einsparpotenzials ausschöpfen, könnten jährlich rund 1.45 Mrd. zusätzlich für die Finanzierung der Leistungen verwendet werden. Dies entspricht 0.15 Umwandlungssatz-Prozentpunkten. Damit könnten die finanziellen Belastungen auf Grund einer um ein Jahr höheren Lebenserwartung komplett ausgeglichen werden.

In der Beruflichen Vorsorge haben private Lebensversicherungsgesellschaften eine wichtige Stellung eingenommen. Sie treten als Risikoträger auf und übernehmen die Kapitalgarantie für die Leistungsverpflichtungen. Wegen unterschiedlichen Rechtsgrundlagen und Rechnungslegungsvorschriften ist die Kostenstruktur bei den Lebensversicherungsgesellschaften noch undurchsichtiger und kaum vergleichbar mit jener der Pensionskassen. Die Verwaltungskosten werden nicht einheitlich ausgewiesen. Aus Marketing-Gründen verlangen die Versicherungsgesellschaften systematisch zu tiefe Kostenprämien, die den tatsächlichen Aufwand gar nicht decken. Für die Differenz kommen die Versicherten auf - was im normalen Wirtschaftsleben undenkbar ist. Bei den Verwaltungskosten der Lebensversicherer liegen Einsparungen von mindestens 130 Millionen Franken drin.

Auch bei den Prämien für die Abdeckung der Risiken Tod und Invalidität wird das Kostendeckungsprinzip verletzt. Im Risikoprozess zahlen die Versicherten Prämien, welche den Aufwand deutlich übertreffen. Die Prämien werden anhand der IV-Daten aus den Jahren 2000-2005 berechnet. Seither sind die IV-Neurenten stark zurückgegangen. Deshalb liegen die Prämien 2010 im Schnitt über einen Drittel höher als der Aufwand. Die nicht aufgewendeten Risikoprämien ziehen die Lebensversicherer primär als Gewinne für sich selbst ein. Die Finma als Aufsichtsbehörde toleriert überrissene Prämien und missachtet dadurch ihren Auftrag, die Versicherten vor Missbrauch im Versicherungswesen zu schützen. Um nicht als missbräuchlich zu gelten, dürften die Risikoprämien höchstens 20 % über dem jeweiligen Aufwand liegen. Hätte eine korrekte Tarifierung im 2010 stattgefunden, hätte dies ein Einsparpotential von 442 Mio. Franken ergeben.

Die Versicherungsunternehmen legitimieren ihre hohen Gewinne gerne mit den von ihnen übernommenen Kapitalgarantien. Aber ein genauer Blick zeigt: Ein Grossteil dieser Garantien wird gar nicht von den Unternehmen finanziert, sondern von den Versicherungsnehmern selber. Zum einen durch hohe Risikoprämien, zum anderen durch hohe Rückstellungen und letztlich durch die Zuweisungen an den Überschussfonds. Denn die Lebensversicherer dürfen Gelder des Überschussfonds, die den Versicherten zustehen, als Solvenzkapital anrechnen. Angesichts dieser Sicherheitsnetze ist die Überschussbeteiligung der Lebensversicherer von maximal 10 % des Gesamtertrags überhöht. Solange die angemessene Entschädigung für die erbrachte Dienstleistung der Kapitalgarantie im System der Beruflichen Vorsorge als Sozialversicherung nicht eruiert worden ist, wirkt die aktuelle Überschussbeteiligung willkürlich. Es drängt sich deshalb die Anwendung der ergebnisbasierten Methode auf. Diese würde wiederum ein Einsparpotential von 310 Mio Franken nach sich ziehen.

Alleine im Jahr 2010 sind rund 880 Mio Franken zu viel in Richtung der Lebensversicherungsgesellschaften geflossen. Gelder, welche die Versicherten einbezahlt haben und die für die Finanzierung ihrer Leistungen zur Verfügung stehen müssten.

Zuständig beim SGB

Gabriela Medici

stv. Sekretariatsleiterin

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Gabriela Medici
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