Die Vermögensverwaltungsbranche in Bedrängnis

  • Berufliche Vorsorge
Artikel
Verfasst durch Doris Bianchi

Retrozessionen gehören den Kunden

Die Verwaltung der Pensionskassengelder wird langsam aber sicher transparenter und kostengünstiger. Die wuchtige Ablehnung der Senkung des Mindestumwandlungssatzes im März 2010 war ein Augenöffner für die Missstände in den Pensionskassen. Verschiedene, vom Bundesamt für Sozialversicherung in Auftrag gegebene Studien haben das Ausmass der astronomischen Kosten und Gebühren in den Pensionskassen aufgezeigt. Alleine die Vermögensverwaltungskosten der 2. Säule betragen rund 3,9 Mia. Franken. Ein Einsparpotenzial von 1,8 Mia. ist durchaus realistisch.

 Zur Transparenz tragen auch die Vorschriften der Strukturreform bei, die seit 2011 in Kraft sind. In der Jahresrechnung 2012 müssen zum ersten Mal die Verwaltungskosten detailliert ausgewiesen werden. Mit einer transparenten Offenlegung der Kosten ist es aber noch lange nicht getan. Denn die Kosten der 2. Säule müssen sinken. Für die Versicherten einer Pensionskasse sind Vermögens- und Verwaltungskosten Zwangskosten von grosser Tragweite, denn diese schmälern letztlich die künftige Rentenleistung.

Folgenreiches Urteil des Bundesgerichtes

Als weiteres Instrument, um die Vermögensverwaltungskosten zu reduzieren, erweist sich die neueste Rechtsprechung des Bundesgerichts. In einem Grundsatzentscheid hat das Bundesgericht Ende Oktober bekräftigt, dass Bestandespflegekommissionen (sog. Retrozessionen oder Kickbacks), die Banken in ihrer Funktion als Vermögensverwalter erhalten, dem Kunden gehören.

Worum geht es? Pensionskassen legen einen grossen Anteil ihres Vermögens in kollektiven Kapitalanlagen an, wie etwa in Aktienfonds oder in Obligationenfonds. Für den Vertrieb erhalten die Banken vom Fondsanbieter häufig solche Kickbacks. Diese sind ein Teil der Verwaltungsgebühren (Management Fee) und werden nicht für eine Transaktion, sondern lediglich für das Halten der Fonds in den Anlageportefeuilles der Pensionskassen an die Banken ausbezahlt.

Nun hat das Bundesgericht auf eine Klage eines UBS-Kunden die Grossbank angehalten, solche Kommissionen dem Kunden auszubezahlen. Die Herausgabepflicht besteht auch für konzerninterne Vergütungen und gilt sogar rückwirkend.

Die Banken haben in den letzten Jahren begonnen, die Kunden Verzichtserklärungen über die Herausgabe der Kommissionen unterzeichnen zu lassen. Solche globale Verzichtserklärungen sind jedoch nicht ohne weiteres zulässig.

Banken müss(t)en informieren

Das Ausmass der bisher zurückbehaltenen Retrozessionen ist nicht bekannt. Es herrscht keine Transparenz über das Vorhandensein und die Höhe solcher Gebühren. Die Finanzbranche ist jedoch aufgrund der bundesgerichtlichen Rechtsprechung in heller Aufregung. Es muss sich um viel Geld handeln.

Etliche Pensionskassen haben in den letzten Jahren mit den Banken über die Herausgabe dieser Gelder verhandelt und Erfolge erzielt. Die Retrozessionen, welche den Pensionskassen und nicht den Banken zustehen, müssen jedoch mühsam erstritten werden. Trotz der klaren Rechtsprechung bleibt die Herausgabe der Retrozessionen eine Holschuld des Anlegers. Die Aufsichtsbehörde der Banken hat die Brisanz der Situation erkannt. In einem Ende November 2012 ergangenen Rundschreiben verlangt die FINMA von den Banken, dass diese den Entscheid des Bundesgerichts umgehend umsetzen. Zur Herstellung der notwendigen Transparenz haben die Banken alle potentiell betroffenen Kunden zu kontaktieren und zu informieren.

Auch Stiftungsräte müssen aktiv werden

 Die Pensionskassen können sich aber nicht zurücklehnen. Ohne Druck wird es nicht gehen. Die Arbeitnehmervertreterinnen und –vertreter in den Stiftungsräten der Pensionskassen sind besonders angesprochen. Jede Pensionskasse muss ihre vermögensverwaltende Bank fragen, ob sie Retrozessionen ins eigene Portemonnaie steckt. Den Impuls für diese Abklärung kann auch der Stiftungsrat geben. Häufig fehlt es den Pensionskassen – insbesondere den kleineren Kassen – an Vergleichsgrössen und an der Kenntnis über die Gebührenstrukturen der Banken. Vieles geschieht noch im Versteckten. Das gewerkschaftliche Netzwerk 2. Säule kann hier nützliche Dienste leisten. Es vereint die Arbeitnehmervertreter und -vertreterinnen in den Leitungsorganen der Pensionskassen und bietet Ausbildungs- und Austauschmöglichkeiten. Zu den Fragen der Anlagekosten und der Herausgabe von Retrozessionen plant das Netzwerk im Winter 2013 eine Veranstaltung.

Zuständig beim SGB

Gabriela Medici

stv. Sekretariatsleiterin

031 377 01 13

gabriela.medici(at)sgb.ch
Gabriela Medici
Top