Ein breites Bündnis gegen den Abbau der Arbeitslosenversicherung, momentan bestehend aus SGB, Unia, Travail.Suisse, SPS, Grüne Partei und Arbeitslosenkomitees, hat heute zum Start der Referendums-Unterschriftensammlung das revidierte Gesetz als unfair, unsozial, unsinnig und deshalb unannehmbar kritisiert.
Der beschlossene Leistungsabbau belohne die Abzocker und bestrafe das Volk; deshalb „stelle er die Dinge auf den Kopf“, führte SGB-Präsident Paul Rechsteiner aus: „Die hohen Arbeitslosenzahlen, die wir heute haben, sind die Folge der Missbräuche im Finanzsektor. […] Die Grossbanken, darunter die UBS, konnten nur mit gigantischen Staatsinterventionen gerettet werden. - Doch im Finanzsektor geht es weiter wie vor der Krise. Die Gewinne und Boni für die Manager sprudeln, die Abzockerei kennt keine Grenzen. Wem sind diese Profite zu verdanken? Ausschliesslich dem Staat, nach dem Motto: Die Profite privat, die Kosten und die Risiken dem Staat. Es sind unverdiente Profite und Boni auf Kosten der Steuerzahler.“
Auf den besonderen Abbau für die älteren und auch jüngeren Arbeitnehmenden wies Unia-GL-Mitglied Vania Alleva hin: Jetzt soll älteren Arbeitnehmenden „ein volles Taggeld nur noch nach einer Beitragszeit von zwei Jahren gewährt werden. Wer so etwas beschliesst, der kümmert sich nicht um die Realität der Arbeitswelt. Ältere Arbeitnehmende geraten gerade in der Krise immer mehr unter Druck. Wer mit über 55 Jahren arbeitslos wird, hat kaum mehr Chancen eine neue Stelle zu finden.“ Und die Jungen „sollen nach der Ausbildung länger auf Taggelder warten müssen und erhalten zum Teil massiv weniger Taggelder. […] Wen wundert’s noch, wenn sich Junge von dieser Gesellschaft betrogen fühlen?“ Abgestraft mit dem neuen Gesetz würden auch die Wiedereinsteigerinnen.
Der Bund verzichte auf Mittel gegen die Krise, so SPS-Präsident Christian Levrat. Denn: „Künftig soll es nicht mehr möglich sein, für Regionen mit besonders hoher Arbeitslosigkeit die Zahl der Taggelder auf 520 zu erhöhen. Diese Änderung wäre völlig fehl am Platz. Gerade die aktuelle, regional sehr unterschiedlich ausgeprägte Krise zeigt, dass dieses Instrument für die betroffenen Kantone wichtig ist. Die Kantone Jura, Neuenburg, Waadt, Tessin sowie der Berner Jura vermögen derzeit auf diese Weise die schlimmsten Folgen der Krise abzufedern. Wider jegliche ökonomische Vernunft soll dieses Instrument jetzt ersatzlos gestrichen werden.“
Als Kostenverlagerung auf die Städte und Kantone bezeichnete Therese Frösch, grüne Nationalrätin und ehemalige Finanzdirektorin der Stadt Bern, die unsoziale Revision. „Die Zahl der Armutsbetroffenen wird in der Schweiz um mehrere zehntausend Personen zunehmen.“ Ohne Übergangsbestimmungen werde sich zudem ca. ein Drittel der Personen, welche bereits Leistungen beziehen, direkt bei der Sozialhilfe anmelden müssen.
Für Travail.Suisse-Präsident Martin Flügel ist die revidierte Finanzierung der Versicherung „ein schlechter Witz“. Das heutige Gesetz schneide da viel besser ab. Dank dem Beitragsautomatismus könne der Bundesrat noch dieses Jahr „die Beitragssätze um maximal 0.5 Prozent (1’150 Mio. Franken Mehreinnahmen) erhöhen und das Solidaritätsprozent (160 Mio. Franken) einführen. Fazit: Ohne Revision steht mehr Geld für die Schuldensanierung zur Verfügung als mit Revision.“
Auf den „Lohndumping-Effekt“ verwies Thomas Näf, Präsident Komitee der Arbeitslosen und Armutsbetroffenen: „Es geht den Patrons und dem Bundesrat in ihren Diensten eben nicht nur um die Einsparungen bei der Arbeitslosenkasse, sondern darum, die Konkurrenz zwischen den Arbeitslosen und den Arbeitenden anzuheizen. Bei praktisch jeder Besetzung einer freien Stelle wird das Kräfteverhältnis durch die erzwungenen Tieflohn-Bewerbungen von Arbeitslosen künstlich zugunsten der Patrons verändert.“
Angehängt finden Sie die Referate von:
- Paul Rechsteiner, Präsident des SGB
- Vania Alleva, Mitglied der Geschäftsleitung Unia
- Christian Levrat, Präsident SPS
- Therese Frösch, Nationalrätin Grüne
- Martin Flügel, Präsident Travail.Suisse
- Thomas Näf, Präsident Komitee der Arbeitslosen und Armutsbetroffenen