Zugestanden: Die Gewerkschaften haben am 26. September 2010 das Referendum gegen das revidierte Arbeitslosenversicherungsgesetz (AVIG) verloren. Eine Mehrheit der Abstimmenden hat den Leistungsabbau gut geheissen. Nur die lateinische Schweiz hat anders entschieden. Da gibt es nichts zu rütteln.
Dennoch: In den Sozialversicherungen üblich ist das Prinzip von Treu und Glauben. Die Spielregeln werden nicht während des Spiels geändert. Übersetzt: Erworbene Ansprüche gelten. Oder auf das AVIG bezogen: werden Leistungen verschlechtert, dann soll dies für jene gelten, die ab dem Tag der Inkraftsetzung des neuen Gesetzes arbeitslos werden. So war es bisher immer. Der Bundesrat will nun hier die Regeln ändern. Auf den 1. April 2011 will er das neue AVIG in Kraft setzen, und es soll gleich für alle Arbeitslosen gelten. Das wird dazu führen, dass auf einen Knall an diesem Tag 15‘000 Arbeitslose ausgesteuert werden, weil sie neu unter eine kürzere Leistungsdauer fallen. Das hat es in der jüngeren Schweizer Geschichte noch nie gegeben.
Der SGB hat immer gefordert, dass die AVIG-Revision erst dann in Kraft treten darf, wenn die Krise vorbei ist. Er hat dies dem Bundesrat mehrmals angemahnt. Der Bundesrat hat dem nicht Rechnung getragen.
Die Westschweizer Gewerkschaften haben noch am vergangenen 9. März mit Verweis auf die 15‘000 an einem Tag Ausgesteuerten einen Appell an den Bundesrat gerichtet, die neuen AVIG-Spielregeln nur für die ab dem 1. April 2011 arbeitslos Werdenden einzuführen. Die Zahl von 15‘000 ist mittlerweile durch eine Umfrage der Nachrichtenagentur sda bei den Kantonen erhärtet worden.
Aber der Bundesrat bleibt bei seiner Linie: oben Steuergeschenke verteilen, unten sparen. Er will rigid umsetzen. Er hat diese zusätzliche Not zu verantworten. Aber wahrscheinlich wird er den entsprechenden Notschrei, weil an einem Galadinner, gar nicht hören.