Stützung für Wasserkraft: Tanz auf dünnem Eis

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Verfasst durch Dore Heim

Nationalrat diskutiert Stromnetzstrategie

Der Nationalrat wird sich in der Sommersession als zweite Kammer mit dem Um- und Ausbau der Stromnetze zu befassen haben. Er hat Fehler des Erstrates zu korrigieren. Und dafür zu sorgen, dass die Bevölkerung nicht zwangsweise die Fehlinvestitionen der Stromkonzerne begleichen muss.

Der SGB hat sich bereits in der Vernehmlassung zur Konzeption geäussert. Er unterstützt das NOVA-Prinzip, das die Netzoptimierung vor Verstärkung und Ausbau stellt. Die technologische Entwicklung verläuft äusserst dynamisch, dezentrale Laststeuerung und netzorientiertes Einspeisemanagement sind billiger und immer umweltschonender als ein Netzausbau. Zudem wird es in einigen Jahren auch markttaugliche dezentrale Speichermöglichkeiten geben. All dies macht einen Ausbau des Verteilnetzes schon in naher Zukunft weitgehend unnötig. Die Gefahr einer sehr teuren überdimensionierten Netzinfrastruktur ist real. Dies auch deshalb, weil die Kosten an die EndverbraucherInnen überwälzt werden können. Das Risiko einer Fehlplanung wird also nicht von den Verteilnetzbetreibern oder Swissgrid und auch nicht von den Kantonen und vom Bund getragen werden.

Datenschutz gewährleisten

Dank dem intelligenten Netz und dem Einbau von intelligenten Stromzählern werden die Verteilnetzbetreiber künftig eine Fülle von Daten über ihre Kundschaft zur Verfügung haben, die es ihnen ermöglichen, die Stromversorgung differenziert und ressourcenschonend zu steuern. Dies stellt jedoch hohe Anforderungen an den Datenschutz, und die Nutzung der Daten bedingt deshalb zwingend die Zustimmung der EndverbraucherInnen. Der SGB unterstützt hier den Änderungsantrag der UREK-N.

Die Erdverlegung von Leitungen ist nicht immer besser für die Umwelt, aber entspricht sicher immer dem Wunsch der betroffenen Bevölkerung. Leitungen mit einer Spannung von unter 220kV sollten deshalb, wo möglich und sinnvoll, in die Erde verlegt werden, die Mehrkosten hingegen nicht den EndverbraucherInnen überwälzt werden. Auch hier unterstützt der SGB die UREK-N.

Ständerat korrigieren

Alles dreht sich aktuell um die Stützung der einheimischen Wasserkraft. Der Entscheid des Ständerats, Art. 6 Abs. 5 des Stromversorgungsgesetzes aufheben zu wollen, der die Verteilnetzbetreiber verpflichtet, Preisvorteile an die Kundschaft im gebundenen Markt weiterzugeben, ist unverständlich. Die UREK-N hat hier zu Recht korrigierend eingegriffen, auch wenn ihr Alternativvorschlag ebenfalls einen empfindlichen Eingriff in die Grundversorgung darstellt. Nur verspricht man sich von diesem noch einen Schub für die Energiewende. Denn nach Vorstellung der UREK-N soll Abs. 1 von Art. 6 so ergänzt werden, dass die EndverbraucherInnen nur noch mit Strom aus einheimischer Wasserkraft beliefert werden. Das ist natürlich etwas schlitzohrig, denn so wird Abs. 5 zwar nicht gestrichen, aber obsolet, denn Preisvorteile wird es in diesem Modell keine mehr geben.

SGB: keine weitere Liberalisierung des Strommarktes

Mit all den kreativen Massnahmen zur Stützung der einheimischen Wasserkraft bewegt man sich auf dünnem Eis, da sie fast Altruismus, jedenfalls aber eine hohe Identifikation der EndverbraucherInnen mit der einheimischen Wasserkraft voraussetzen. Sie sind es, die diese Stützmassnahmen bezahlen werden. Das Ganze funktioniert nur, solange wir die heutige Strommarkt-Struktur beibehalten, in der KleinverbraucherInnen keine Wahlfreiheit haben. Der SGB setzt sich entschieden dafür ein, dass der Strommarkt nicht weitergehend liberalisiert wird. Aber die Bevölkerung muss willens sein und sie darf nicht zwangsverpflichtet werden, die Fehlinvestitionen der Stromkonzerne abzupuffern. Denn dann kommt schnell der Ruf nach einer Vollliberalisierung. Und diese wäre unter den aktuellen Marktbedingungen das Ende der hiesigen Stromwirtschaft.

Zuständig beim SGB

Reto Wyss

Zentralsekretär

031 377 01 11

reto.wyss(at)sgb.ch
Reto Wyss
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