Ständerätlicher Schuss vor den Bug

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Verfasst durch Rolf Zimmermann, SGB-Sekretariatsleiter

Der Ständerat hat die erste Runde zur Postliberalisierung abgeschlossen; er hat der Totalrevision des Postgesetzes weitgehend gemäss der Vorlage des Bundesrats zugestimmt. Bei der entscheidenden Frage zur Liberalisierung entschied er mit 20:19 Stimmen denkbar knapp. Das ist ein deutlicher Warnschuss vor den Bug der Liberalisierungslobbyisten. Der Nationalrat kann jetzt dieses Resultat noch umkehren. Die Gewerkschaften werden sich dafür einsetzen.

Positives vorweg: Die Bäume der rein ideologisch argumentierenden Ständerätinnen und Ständeräte wachsen nicht mehr in den Himmel. Die Liberalisierungsskepsis in der kleinen Kammer war deutlich und breit abgestützt. Nichteintreten wollten die SP (Géraldine Savary, VD) und ebenfalls CVP-Räte (allen voran Theo Maissen). Sie verwiesen auf gute Beispiele zum Versagen der Post-Liberalisierungen im Ausland. Nach dieser Debatte ist allen, die die Wirklichkeit ohne ideologische Scheuklappen wahrnehmen, klar, dass eine solche Postreform Probleme mit steigenden Preisen, schlechterer Versorgung und sinkenden Löhnen bringen würde. So konnte denn auch niemand die Notwendigkeit einer Postreform begründen. Dafür wurde die Umfrage zitiert, die eine hohe Zufriedenheit mit der heute garantierten Qualität der Postversorgung zeigt.

Negativ, aber überraschend war der knappe Entscheid zum Kern der Vorlage: Mit nur 20:19 Stimmen fiel das Restmonopol für leichte Briefe. Berücksichtigt man das nachträgliche Bekenntnis der CVP-Ständeherrin aus dem Kanton Jura, dass sie nur irrtümlich zugestimmt habe, ergäbe sich sogar eine Ablehnung… Die sofortige Totalliberalisierung scheiterte hoch mit 31:9, hingegen die auf 3 Jahre verlängerte Monopoletappe als Übergang nur äusserst knapp. Ohne Chance blieb - vorläufig - die Pflicht, dass private Anbieter, die die Postinfrastruktur mit benützen wollen, auch den Post-GAV einhalten müssen. Dies ermöglicht ein inakzeptables Lohn- und Sozialdumping, das nur noch mit einem verbindlichen Branchen-GAV ausgeschlossen werden könnte.

Der Nationalrat muss jetzt nochmals über die Bücher. Eine so knapp beschlossene Postreform hat kaum Chancen vor dem Volk. Die Abbaurisiken bei der beliebten – ja legendären – Schweizer Postversorgung sind offensichtlich. Umgekehrt garantiert das heutige Restmonopol der Post völlig problemlos die Finanzierung der gesetzlichen Grundversorgung. Sie gegen chaotische Doppelinfrastrukturen und eine bürokratische Abgabenwirtschaft einzutauschen, hat niemand grosse Lust. Deshalb ist es jetzt wichtig, dem Nationalrat den Abbruch der unnötigen Reform klar zu machen. Nur das verbliebene Postmonopol kann die in unserem Land wichtige flächendeckende Postversorgung garantieren. Liberalisierte Rosinenpickerei in Agglomerationen ist letztlich ein zu teurer, unsozialer und ineffizienter Weg. Und auch kein schweizerischer.

PS: Ende November hat die Gewerkschaft Kommunikation, unterstützt von SGB und SP Schweiz, eine Volksinitiative „für eine starke Post“ lanciert. Sie verlangt ein flächendeckendes Poststellennetz und einen zukunftsorientierten Universaldienst, vom Personal der Schweizerischen Post zu betreiben und finanziert durch die Einnahmen aus dem Briefmonopol sowie durch die Gewinne einer Postbank. Unterschriftenbögen bei: www.postinitiative.ch

Zuständig beim SGB

Reto Wyss

Zentralsekretär

031 377 01 11

reto.wyss(at)sgb.ch
Reto Wyss
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