Der SGB begrüsst den Entscheid des Bundesrats, vorderhand auf die zweite Etappe der Strommarktöffnung zu verzichten. Dieser pragmatische Beschluss zeugt von Verantwortung gegenüber der Branche, die wegen der anhaltenden Tiefstpreise auf dem Strommarkt unter grossem Druck steht. Ein Vorantreiben der Marktöffnung hätte zu einer weiteren Destabilisierung geführt, die auch die kleineren Energieversorgungsunternehmen (EVU) betroffen hätte. Die EVU wären gezwungen worden, sich in einen ressourcenzehrenden Konkurrenzkampf um die Kleinkunden zu werfen, ohne dass diese preislich von der Liberalisierung profitiert hätten. Es ist eine Tatsache, dass die kontrollierten Strompreise für die Kleinkunden (Gewerbe, kleine Dienstleistungsunternehmen und Haushalte) in der Schweiz über die letzten Jahre auf tiefem Niveau stabil geblieben sind, während sie in den liberalisierten Märkten der EU gestiegen sind. Kleinkunden haben keine Marktmacht. Sie sind auf kontrollierte Preise angewiesen.
Strom ist kein Produkt, das sich für Marktexperimente eignet. Es ist ein existenzielles Gut, auf das niemand verzichten kann. Eine sichere Stromversorgung ist von hoher volkswirtschaftlicher Bedeutung. Sie ist auch für die Schweizer Wirtschaft weit wichtiger als eine Schnäppchenjagd nach dem günstigsten Angebot. Es war ein historischer Glücksfall, dass die Teilmarktliberalisierung zu einem Zeitpunkt umgesetzt wurde, als die Börsenpreise sehr hoch waren. Deshalb blieben die meisten Grosskunden bei ihrem bisherigen EVU. Seit 2012 hat die Wechselrate der Grosskunden stark zugenommen, die EVU verkaufen diesen den Strom häufig unter den Gestehungskosten. Der Bundesrat tut gut daran, zum jetzigen Zeitpunkt auf die Vollliberalisierung zu verzichten. Sie wäre ein hochriskantes Abenteuer für die inländische Stromversorgung.
Die Strombranche bleibt gefordert. Insbesondere muss in die Ausbildung von neuen Fachkräften und in die Weiterbildung des bestehenden Personals investiert werden. Denn die Energiewende ist die Zukunft der EVU. Sie ist aber nur mit qualifiziertem Personal zu schaffen.
Auskünfte
Dore Heim, geschäftsführende Sekretärin des SGB, 079 744 93 90