Der Nationalrat wird sich in der Frühjahrssession gleich mit vier Service public-Geschäften befassen. Sie betreffen den Personen- und Gütertransport, die SRG, die Post und das Bundespersonal.
Bahn: Ein Schwergewicht wird am 27. Februar zum zweiten Mal im Nationalrat verhandelt: die Organisation der Bahninfrastruktur (OBI). Dieser hatte in der Herbstsession das Geschäft an den Bundesrat zurückgewiesen, u.a. mit dem Auftrag, die Auslagerung von SBB Cargo zu prüfen. Der Ständerat hielt aber dagegen. Zwischenzeitlich hat nun der Bundesrat in seinem Bericht zur Weiterentwicklung von SBB Cargo vorgeschlagen, das Aktionariat zu verbreitern, um dem Schienengüterunternehmen mehr Durchsetzungskraft auf dem hart umkämpften Gütertransportmarkt zu verschaffen. Die KVF-N beantragt dem Nationalrat, die Detailberatung von OBI nun aufzunehmen. Sie will darin zudem eine neue Bestimmung verankern, dass Fernbusse nur zugelassen werden dürfen, wenn sie den Schienenfernverkehr nicht wesentlich und den regionalen Personenverkehr höchstens minimal konkurrieren (Art. 9 Personenbeförderungsgesetz). Das BAV hat mit der Konzession für Domo den demokratischen Prozess unterlaufen, umso wichtiger ist es nun, dass der Nationalrat hier wieder den Lead übernimmt. Denn es liegen ja noch weitere Konzessionsgesuche von Busunternehmen vor. Zudem fordert die geschlossene KVF-N den Bundesrat auf, aufgrund der realen Gegebenheiten in den Städten und Gemeinden ein Busterminal-Konzept vorzuschlagen, das multimodale Verkehrslösungen erleichtern würde, ohne den bestehenden Stau um die Bahnhöfe noch zu vergrössern. Das ist nach dem Vorpreschen des BAV umso dringlicher, denn der Druck auf zentrale Haltestellen in den Städten steigt massiv.
Medien: Für den medialen Service public steht am 4. März die Schicksalsabstimmung an, aber auch abgesehen von der "No Billag-Initiative" ist der Druck auf die SRG sehr hoch. Schon in der letzten Session wurden zahlreiche Vorstösse behandelt, die dem Bundesrat die Leitplanken für das neue Mediengesetz diktieren sollten. Nun sind im Nationalrat am 27. Februar zwei Geschäfte traktandiert, die beide "die Medienvielfalt" stärken wollen. Eine radikale parlamentarische Initiative, die als Reaktion auf das Joint Venture Unternehmen Admeira zu sehen ist, will der SRG eine Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen nur noch erlauben, wenn diese nachweislich die Medienvielfalt stärkt (16.422). Dies soll im bestehenden RTVG Eingang finden. Die KVF-S lehnte diesen Vorstoss ab, hat aber als Antwort darauf eine eigene Motion formuliert, die die SRG zu mehr Kooperation mit privaten Medienunternehmen auf allen Ebenen verpflichten will. Diese Motion wurde vom Ständerat in der Herbstsession bereits angenommen. Von der KVF-N wurde sie dahingehend verschärft, dass auch diese Bestimmung nicht erst im neuen Mediengesetz, sondern bereits in einer vorgezogenen Revision des RTVG verankert werden soll. Es eile, so das Argument. Einmal mehr wird damit der (falsche) Eindruck vermittelt, als wäre die SRG am rapiden Schwund der Printmedien schuld.
Post: Zum anhaltend grossen Ärger mit dem rasanten Abbau von Poststellen in allen Regionen der Schweiz kommt jetzt noch der Skandal mit den überhöhten Abgeltungen für den regionalen Personenverkehr der Postauto AG! Die Post schadet dem Image des Service public ungemein. Missmanagement oder Selbstsabotage?
In dieser Session ist es am Nationalrat, der Motion der KVF-SR zur strategischen Poststellennetz-Planung zuzustimmen. Das bundesnahe Unternehmen hat den Bedürfnissen der Bevölkerung Rechnung zu tragen und der Bundesrat steht als Eigner der Post genauso in der Verantwortung, die Warnungen ernst zu nehmen. Dem Service public muss Sorge getragen werden und die öffentliche Hand kann dies besser als Private, die dem Gewinnziel ihrer Aktionäre verpflichtet sind. Dies sollte anlässlich der aktuellen Debatte allen wieder in Erinnerung gerufen werden. Deshalb gilt für den Nationalrat am 1. März: Deckel auf die Motion zur strategischen Poststellennetz-Planung und schleunigst an den Bundesrat senden!
Bundespersonal: Das Bundespersonal ist der Prügelknabe des Parlaments, so könnte man meinen. Das ist umso erstaunlicher als die ParlamentarierInnen in ihrer politischen Arbeit die Leistung der Bundesangestellten stets vor Augen haben. Aber der Druck gegen das Bundespersonal lässt nicht nach! Am 6. März wird im Nationalrat die Motion der FK-N behandelt, die das Bundespersonalgesetz (BPG) so abändern will, dass darin der Teuerungsausgleich gar nicht mehr vorkommt. Heute sieht Art. 16 des BPG vor, dass die Teuerung ausgeglichen werden kann, wenn es die wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse erlauben. Aber auch nur schon diese Option ist der Mehrheit der Finanzkommission zuwider. Frei nach dem Motto "was nicht sein darf, soll nicht sein". Mit nüchternem Sachverstand hat dies rein gar nichts mehr zu tun.